Logbuch
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Arequipa und Lima
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Montag, 22. Februar 2010 bis Montag, 8. März 2010

Diesmal reisen wir im Nachtbus im ersten Stock auf den vordersten Sitzen, so dass wir eine herrliche Panoramasicht haben. Als wir in Arequipa ankommen, müssen wir den Taxichauffeur förmlich überreden, uns zu unserem Wunschhotel zu bringen. Es sieht so aus, als ob er dort keine Provision kriegte.... Ich steig gleichzeitig mit unserem Taxichauffeur aus dem Taxi und melde mich selber an der Reception. Zum Glück sind meine Spanischkenntnisse ausreichend, damit ich dem Mann an der Reception erklären kann, dass wir selbständig hierher gekommen sind und nicht wegen dem Taxichauffeur. Das macht immerhin einen Preisunterschied von 30 Prozent pro Nacht aus! Dieses Hotel ist uns von Annie und Didier empfohlen worden und es ist wirklich genial. Wir beziehen ein Riesenzimmer und gehen dann in den Esssaal für das Morgenessen. Nach dem Frühstück legen wir uns noch etwas aufs Ohr und schlafen nach. Im Bus schlafen ist ziemlich schwierig. Irgendwie sind unsere Beine zu lang.....

   
Plaza de Armas, Arequipa   Kathedrale von Arequipa   Detail der Kathedrale


Arequipa, die zweitgrösste Stadt Perus, liegt auf 2’350 Meter über Meer, gerade vor dem Vulkan El Misti – 5’822 m hoch, und ist mit Vulkanausbrüchen und Erdbeben vertraut. Wir planten, uns hier zu akklimatisieren, bevor es dann nach Puno am Titicacasee auf 3’830 Höhenmetern weitergeht. Am späteren Nachmittag spazieren wir zur Plaza de Armas und essen, wie uns Christine das empfohlen hat, in einem Restaurant im ersten Stock auf einem Balkon zu Abend und schauen über den Platz. Wohlgemerkt, wir sitzen dort in Pullover und Faserpelz und staunen, wie mit dem Hereinbrechen der Nacht auch der Nebel auf die Plaza de Armas schleicht. Wir essen zwei örtliche Spezialitäten: Scharfe gefüllte Peperoni und eine Art geschwellte Kartoffeln mit einer Erdnusssauce. Letzteres ist etwas schlaff, doch sind wir froh, da die gefüllte Peperoni wirklich so scharf ist, wie daheim die kleinen Peperoncini! Zur Feier des Tages essen wir in einem kleinen Kaffee gemeinsam ein Stück Schoggikuchen und trinken einen Kaffee dazu. Dann per Taxi heim ins Hotel und ab ins Bett, das mindestens fünfzehn Zentimeter zu kurz ist für Martin. Der Arme!

   
Nebel zieht auf    

Am Dienstag erfahren wir per Email, dass ich Gründe habe, baldmöglichst in dieSchweiz zu reisen, da es einer mir nahestehenden Person sehr schlecht geht. Wir besprechen die Lage und kommen zum Schluss, dass ich in die Schweiz fliegen werde und Martin in Lima im Hotel auf mich warten wird. Wir buchen einen Nachtbus für die Rückreise nach Lima. Als wir im Besitz der Billette sind, beschliessen wir, das Kloster Santa Catalina zu besuchen in Arequipa.

Dieses Kloster ist 1580 von einer wohlhabenden Witwe gegründet worden, die mit ihrer Tochter dort einzog. Frauen, die auch eintreten wollten, mussten über ein ansehnliches Vermögen verfügen und aus den besten spanischen Familien stammen. Die Frauen lebten hinter den dicken Klostermauern ein gemütliches Leben. Jede hatte bis zu vier Bedienstete oder Sklaven, die in der Regel schwarz waren. Die Frauen luden Musiker ins Kloster ein, feierten Feste und lebten alles andere als keusch.

   
Kloster Santa Catalina, Arequipa    

Das Kloster verfügt über ein 20’000 Quadratmeter grosses Gelände. Es handelt sich um eine Stadt in der Stadt mit wunderschönen Gassen. Die Häuser sind in Pastellfarben renoviert worden, überall blühen Blumen in Töpfen. Die verschiedenen Kreuzgänge sind einer schöner als der andere und ich kann gut nachvollziehen, dass in dieser Umgebung das Leben lebenswert war. Jede Nonne verfügt über ein eigenes Häuschen und eine eigene Küche. Der Grösse der letzteren sieht man noch heute an, wer gern gekocht hat und wer der oralen Befriedigung nicht allzu geneigt war. Wir streifen durch die Gassen, schauen uns die Einrichtungen an, besichtigen die Küchen und lassen unserer Phantasie freien Lauf.

   
Eine Stadt in der Stadt   Ein Kreuzgang   schöner als der andere


Gegen Mittag kommen wir am Café vorbei, wo wir essen. Die Sandwiches sind alle nach Heiligen benannt. Wir entscheiden uns für den heiligen Franz von Assisi und den heiligen Martin. Beide Sandwiches munden vorzüglich. Dazu trinken wir ein Glas Rotwein und geniessen die friedliche Stimmung. Draussen regnet es in der Zwischenzeit recht heftig. So trinken wir noch einen Kaffee und teilen uns ein Brownie, das erstaunlicherweise erwärmt worden ist, bevor es uns serviert wird.... Andere Länder, andere Sitten.

   
Kreuzgang mit Gemälden   mit Liebe gepflegt   Schöner Haarschmuck


Wir setzen unseren Rundgang fort, als sich das Wetter etwas beruhigt hat. Wir kommen an einem grossen prächtigen Brunnen vorbei, in dessen trüben Wasser sich die Goldfische tummeln. Wir schauen uns das grosse Bad an, in dem sich die Nonnen vergnügten, und würden wohl auch ein Bad nehmen, wenn der Pool nicht leer wäre.

   
Calle Malaga   Holzschnitzereien   Äbtissin


Als wir schon fast auf dem Weg ins Hotel sind, kommt uns in den Sinn, das wir das Museum mit den gefrorenen Mumien noch besuchen wollten. Da es auf dem Heimweg liegt, schauen wir rein ins Museo Santury. Zwar ist von Januar bis April nicht Juanita, die bekannteste Eisprinzessin, zu sehen, doch schauen wir uns ein anderes Mädchen an, das auch geopfert worden ist. Vor etwa 500 Jahren opferten die Inkas den Berggöttern Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren, um die Götter zu besänftigen. Dabei handelt es sich um gesunde Kinder aus guten Familien, die in tagelangen Märschen auf einen Vulkangipfel, Juanita auf den Nevado Ampato von 6’310 Metern Höhe, geführt und dort zeremoniell getötet und bestattet wurden. Bis heute hat man etwa zwei Duzend solcher Kinderopfer auf Vulkangipfeln gefunden. Die Inkas bezwangen damit nicht nur die physischen Schwierigkeiten der grossen Höhen sondern auch die mythischen Zwänge der Gipfel. Man glaubt, dass es im Umfeld der Inkas eine Ehre war, den Göttern geopfert zu werden.

Per Nachtbus fahren wir nach Lima zurück ins Hotel Espana, wo Martin ein Einzelzimmer mit Bad bekommt. Dieses Hotel können wir allen empfehlen, die eine Unterkunft in Lima brauchen. Es liegt im historischen Zentrum von Lima. Man kann sich gut zu Fuss bewegen in seiner Umgebung, die Besitzer sind warmherzige Leute, welche dauernd daran arbeiten, die Schönheiten des Hotels zu erhalten. Der Dachgarten, wo das Morgenessen serviert wird, strahlt Ruhe und Schönheit aus. Der Chef unterhält sich mit dem Papagei und die Schildkröten sind stets unterwegs.

   
Blick über das Morgenessengelände, Hotel Espana   Sprechender Hotelpapagei   Mein Lieblingsspiegel


Gegen Abend begleitet mich Martin mit dem Taxi zum Flughafen. Wir trinken und essen noch was zusammen, bevor ich nach Europa zurück fliege. Der Flug nach Amsterdam verläuft ereignislos und ich kann gut schlafen, da die letzte Nacht im Nachtbus anstrengend war und nicht von viel Schlaf gekrönt. In Amsterdam steige ich um nach Kloten und bin sehr dankbar, dass mich Dorothee abholt und mir ihr Auto zur Verfügung stellt.

Die nächsten zehn Tage widme ich mich meiner Familie in der Schweiz. Martin tummelt sich in Lima und wartet auf meine Rückkehr.

Am Samstagmorgen bringt mich Philipp freundlicherweise in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen. Ich habe Glück, eine Stunde nach meinem Abflug bricht ein veritabler Schneesturm übers Land. Das Umsteigen in Amsterdam verläuft einmal mehr reibungslos und ich bin froh, als das Flugzeug seine Räder in Lima auf die Piste setzt. Martin holt mich ab. Per Taxi ins Hotel. Wir essen noch was Kleines im Restaurant neben dem Hotel und sinken dann in die Federn.

   
Jugendstilfassade, Lima   Plaza de Armas, Lima   Iglesia de la Merced, Lima


Am Sonntagmorgen ziehen wir nach dem Frühstück los. Zu unserem Erstaunen ist das Museum der Bank offen am Sonntag. Wir steigen in den Keller und betrachten schöne Goldmasken, Ohrpflöcke mit Einlegearbeiten und getriebene Becher. Im Parterre gibt es auch noch das eine oder andere Werk in Silber zu betrachten. Mir gefällt vor allem eine moderne Skulptur eines liegenden Lamas, das mehr zur Bank als zurAusstellung gehört.

   
Goldschmuck im Bankmuseum, Lima   Goldmaske   Getriebener Becher


Wir spazieren bei herrlichstem Sonnenschein zur Iglesia de San Pedro. Diese kleine barocke Kirche ist einer der schönsten Kolonialbauten Limas. Sie wurde 1638 von den Jesuiten geweiht und ist im Innern fast unverändert. Die geschnitzten Altäre – die meisten vergoldet – sind eine Augenweide der besonderen Klasse. Vor den Altären hat es Tische, die mit Spiegel und Gold verziert sind. Ergreifend schön. Die Kirche ist offen, die Messe in vollem Gang und viele Leute stehen bei den verschiedenen Beichtstühlen Schlange. Hier wird Religion noch intensiver gelebt als bei uns in der Schweiz. Wir saugen die Schönheiten ein und spazieren dann zum Hotel zurück.

   
Iglesia de San Pedro, Lima   Altar der Senora O, Iglesia de San Pedro   Hauptschiff der Iglesia de San Pedro


Nach einer kurzen Ruhepause müssen wir wieder aufstehen, da ein Volkstanzabend auf dem Programm steht. Mein Körper hat den Jetlag noch nicht hinter sich und ich habe phasenweise echte Probleme, gegen den Schlaf zu kämpfen. Die Tänze sind super, die Kostüme wunderschön. Auch singen können die Auftretenden unwahrscheinlich gut. Die ganze Vorführung dauert gute vier Stunden, so dass unsere Beiz geschlossen ist, als wir beim Hotel eintreffen. Wir spazieren um den Block und essen in einem auf Hühner spezialisierten Lokal "Anticuchos de corazon". Herzstücke auf einem Spiess, dazu Pommes Frites und Salat. Ganz lecker. Wir gehen zu Fuss heim und verbringen den Rest der Nacht im Tiefschlaf.

   
Mexikaner mit wundervollen Federn    
Am Montagmorgen bringt Martin die Wäsche zum Waschen, während dem ich den Logbericht erfasse.