Logbuch
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Reise von Ecuador nach Peru: Chiclayo, Lambayeque, Lima und Nasca
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Donnerstag, 11. Februar 2010 bis Sonntag, 21. Februar 2010

Wo anfangen, was erzählen, was weglassen? Wir haben in wenigen Tagen soviel erlebt und gesehen, dass die Eindrücke sich nur so überschlagen.
Unser Bus fährt um 9.30 Uhr in Bahía de Caráquez, Ecuador, ab. Guillermo holt uns mit seinem Dingi – rudenderweise, da sein Aussenborder in der Revision ist – ab und rudert uns gegen die Strömung ankämpfend mitsamt unseren Rucksäcken ans Ufer. Es klappt bestens. Wir übergeben unseren Bootsschlüssel Carlos und eine Karte samt Ohrringen für Portia an Veronika, damit sie das Couvert an Portia und Steve aushändigt, wenn die beiden ihr unseren Cmap–Chip übergeben.
Als wir in Guyaquil ankommen, beschliessen wir auf dem riesigen Busbahnhof, direkt nach Peru weiter zu reisen. Wir buchen Plätze in einem Schlafbus (bus cama) nach Piura, Peru, von wo aus wir nach Chiclayo weiterfahren werden. Wir essen einen kleine Pizza, warten draussen auf unseren Nachtbus und werden von den Mücken fast aufgefressen.
Morgens um ein Uhr erreichen wir die ecuadorianische Grenze. Wir flitzen durch den Regen zum Zoll, wo wir Schlange stehen. Als ich aufs WC will, blockiert ein gut zehn Zentimenter langer Hirschkäfer den Zugang. Also schicke ich zuerst Martin rein ans Pissoir, was den Hirschkäfer zum Rückzug bewegt, so dass auch ich meine Blase leeren kann. Wir erledigen unsere Geschäfte bei offener Toilettentür, da das Licht nicht funktioniert. Um zwei Uhr gelangen wir an den peruanischen Zoll. Diesmal sind wir schneller mit Aussteigen und nicht zuhinterst in der Schlange. Wir schleichen erneut durch den Regen. Der Zöllner fragt nichts, erteilt allen ein neunzig Tage gültiges Visum für Peru. Wir schlafen bis eine Stunde vor Piura. Die Sitze sind einigermassen bequem. Wir wechseln in Piura die Busstation und fahren weiter nach Chiclayo. Die Fahrt dauert vier Stunden durch trockenste Wüste. Wir sehen ärmliche Dörfer, Geissenherden und kleine, von Eseln gezogene Wagen mit Wasserfässern hinten drauf. Das Aufnehmen all dieser neuen Dinge wird immer wieder gestört vom DVD im Businnern. Einem modernen, brutalen, japanischen Kampffilm, in dem sich bestens trainierte und gutaussehende Frauen gegenseitig verfolgen und dabei eine Person nach der andern umbringen, ohne mit der Wimper zu zucken...

Als wir uns in Chiclayo zu unserem Wunschhotel bringen lassen möchten, erklärt uns der Chauffeur, dass dieses alte Hotel ausgehöhlt worden ist und einem Luxushotel Platz machen musste. Schade, es wäre so schön zentral an der Plaza de Armas gelegen. Im Hostal Sicán fühlen wir uns wohl. Nach einer kurzen Warmwasserdusche machen wir uns auf den Weg über die Plaza de Armas zum Mercado Modelo, wo uns vor allem die Abteilung für die Schamanen, Mercado de los Brujos, interessiert. Als erstes kaufen wir zwei Stränge mit Achatkugeln, fotografieren einen Metzger und posten eine blumige, mit echten Federn geschmückte Haarklammer für mich. Sooo schön. Dann tauchen wir in den Teil des Marktes, der für und von Schamanen ist, ein. Die Kräutervielfalt ist beeindruckend. Wir sehen jede Art von denkbaren Talismanen, Tinkturen, Schildkrötenpanzer und was der Glücksbringer und Kraftübermittler mehr sind. Zur Stärkung setzen wir uns an eine Saftbar und geniessen frischen Ananassaft. Selbstverständlich sagen sie uns nicht, dass eine Portion aus zwei Gläsern besteht, so dass wir uns beide vor je zwei Gläsern Saft wieder finden ;–).

   
Metzger auf dem Mercado Modelo, Chiclayo   Mercado de los Brujos, Heilkräuter   Unser saftiges Fräulein


Der ungesehene Teil des Marktes ist noch riesig, doch macht sich die Nacht im Bus bemerkbar. Per Taxi fahren wir zur Busstation und kaufen Sitze für die nächste Nacht nach Lima. Wir spazieren zum Hotel zurück. Martin macht ein Nachmittagsschläfchen, ich maile. Dann leg ich mich auch noch ein Stündchen aufs Ohr, bevor wir zum Abendessen aufbrechen. Das Lomo Saltado im Restaurant Le Boulevard ist fein. Störend ist der laute Fernseher in unserem Raum und die Musik, welche aus der anschliessenden Bar dröhnt. Eine Unterhaltung am Tisch ist unmöglich, so dass wir fern sehend essen…

Am Samstag stehen wir zeitig auf. Das im Zimmerpreis eingeschlossene Frühstück ist enttäuschend. Ich gehe noch je zwei zusätzliche Gipfeli posten in der Bäckerei. Auch die sind nicht überzeugend. Viel zu süss. Per Taxi zum lokalen Busbahnhof und per Minibus nach Lambayeque. Wir erwischen einen supernetten Chauffeur, sitzen beide vorne und unterhalten uns angeregt mit ihm. Er ermahnt uns mehrfach, gut auf unsere Sachen aufzupassen und legt mir ans Herz, meinen Tagesrucksack vorn auf dem Bauch zu tragen, wo ich sehe, was damit passiert. Per Mototaxi fahren wir ins Museum "Tumbas Reales de Sipán". Das Museum ist 2002 eröffnet worden, aufgrund der Entdeckung des berühmten Königsgrabs 1988 durch Archäologen, denen die zahlreichen Goldstücke auffielen, welche auf dem Schwarzmarkt aufgetreten sind. Äusserlich ist das Museum so gebaut, wie die Archäologen die Originalpyramide sehen. Wir treten oben in die Pyramide ein und bewegen uns durch die Ausstellung, die so geplant ist, dass wir die Dinge in der Reihenfolge sehen, in welcher sie von den Archäologen gefunden worden sind. Das Museum ist genial! Nebst den Ausstellungsstücken sind immer wieder grosse Fotos an den Wänden aufgehängt, die zeigen, in welchem Zustand die Archäologen die ausgestellten Dinge gefunden haben. Viele Bilder werden auf die Wände projiziert, so dass keine Spiegelungen stören. Die Töpfereien, welche zwischen 50 und 500 nach Christus entstanden, sind von ungeahnter Schönheit. Der Gold– und Silberschmuck von einer selten gesehenen Feinheit und Vielfältigkeit. Wir bewegen uns drei Stunden durch das Museum. Danke Dir, Christine, für den super Tipp!

   
Mototaxis in Chiclayo   Tumbes Reales in Sipán  

Wieder draussen am hellen Sonnenlicht bringt uns ein Mototaxi zu einem Restaurant. Es ist in einem Haus aus dem Jahr 1789 untergebracht. Das Originaldeckengebälk mit den Iguanaköpfen ist wunderschön. Die mit Schmiedeisen geschützten Fenster stammen aus der Ursprungszeit. Wir dürfen mit dem Kellner eine kleine Hausbesichtigung machen. Wir essen die lokale Spezialität: Gabrito. Geissenfleisch an feiner Sauce mit Reis und Bohnenmus. Im benachbarten Internetcafe laden wir unsere Fotos vom Fotochip auf einen USB–Stick. Als ich danach eine Foto machen will, ist der Chip blockiert. Wir kehren ins Internetcafe zurück, doch können die das Geschehene nicht rückgängig machen und wir müssen auf unseren Reservefotochip zurück greifen. Zum Glück haben wir den auf uns. An der Kirche und der Plaza de Armas von Lambayeque vorbei spazieren wir zur Busstation, fahren zurück nach Chiclayo. Im Hotel nochmals kurz ans Netz, dann zu Fuss Richtung Busterminal. Unterwegs kaufen wir für mich ein Riesenglacé und später eine peruanische SIM–Karte für unser Natel. Als wir in der Nähe der Busstation sind, verhaftet eine Polizistin zu Fuss, unterstützt von einem Polizisten auf dem Motorfahrrad, eine Passantin mit einem Computer unter dem Arm. Auf den Bus haben wir die vordersten Plätze im oberen Stock gebucht. Hier schläft es sich besser als auf den Sitzen im unteren Stock, da man die Füsse hochlagern kann.

Als wir am Sonntagmorgen erwachen, fahren wir auf der Autobahn durch die Wüste. Plötzlich taucht zu unserer Rechten der Pazifik auf. Wir fahren langsam in Lima ein. Hier hat es im Busterminal eine Liste mit Fixpreisen für die Fahrt in die Stadt. Wir lassen uns zum Hostal España bringen und sind total begeistert von diesem Hotel für Rucksacktouristen. Auf der Dachterrasse lassen wir uns nieder, lernen Angelika, eine Deutsche, und Francisco, ihren peruanischen Partner, kennen, beide Heilpraktiker. Wir essen ein Morgenessen, amüsieren uns über den Perico und den Ara, zwei verschiedene Papageien, die zwei grossen und die kleine Schildkröten und den Hund, die hier alle zum Haus gehören und offensichtlich gut gehalten werden.

   
Aussicht vom Hostal España aus   Ara im Hostal España   Eingangshalle des Hostal España


Als unser Zimmer bereit ist, ziehen wir ein, duschen, schlafen noch eine kleine Runde. Martin ruft Robert an, den Freund von Sepp. Robert ist Schweizer und wohnt schon seit vierzig Jahren in Peru. Er lädt uns in den Schweizer Club in Miraflores, einem Stadtteil von Lima, ein. So kommt es, dass wir an unserem ersten Nachmittag in Lima schwimmen gehen und Bratwurst und Cervelat essen. Sooo gut.

   
Robert und Martin im Schweizer Club, Lima    

Am späteren Nachmittag sehen Martin und ich uns die Kirche des Franziskanerklosters an. Sie ist nur ein paar Schritte von unserem Hotel entfernt. Die Kirche ist geschmackvoll in Rot und Weiss gehalten. An den Seitenwänden hat es gekonnt geschnitzte Altäre mit Heiligen drauf. Gleich rechts vom Eingang sogar ein Altar, der vollständig mit ziselierter Silberarbeit bedeckt ist. Vor der Kirche hat es einen kleinen Markt und wir kaufen einen geschnitzten Kürbis, auf dem ein Kondor, ein Tiger und eine Schlange eingeritzt sind. Der Kondor steht für die Gottheiten des Himmels, der Tiger für die von der Erde und die Schlange für die Götter der Unterwelt. Im weiteren sind Szenen aus dem täglichen Leben der Indios abgebildet sowie eine Inkaruine. Auch ein handgewobenes Portemonnaie findet seinen Weg zu uns. Die Verkäuferin schenkt mir ein Bröschchen mit einem tanzenden Indipaar, das handgewobene Kleider trägt. Ich pinne es an unseren Tagesrucksack.

   
Detail des Conventos San Francisco    

Am Montag, nach einem ausgiebigen Frühstück auf der stimmungsvollen Dachterrasse, gehe ich kurz ins Internetcafe des Hotels. Martin rasiert sich. Dann spazieren wir zur Plaza de Armas, am Haus der Literatur und am Regierungsgebäude vorbei zur Kathedrale. Hier werden die Gebeine von Pizzarro in einer mit venezianischen Mosaikarbeiten ausgekleideten Seitenkapelle aufbewahrt und offensichtlich geehrt. Seltsam! Er, der so vielen Indios auf brutalste Art und Weise den Garaus gemacht hat, um an ihr Gold zu kommen. Die Kathedrale, die in einem Erdbeben 1746 fast völlig zerstört worden ist, wurde nach alten Plänen rekonstruiert und hat blau gestrichene Betongewölbe, welche mit goldbemalten Balken überzogen sind. Die Seitenaltäre für die verschiedenen Heiligen und Jungfrauen sind Prachtstücke für sich. In den Katakomben können wir Knochen und Schädel bewundern, im Museum Ölgemälde, Holzschatullen grösseren Ausmasses, elfenbeinerne Christusse und den Schmuck eines MonSignores, der mir auch gefallen würde. Wir verlassen die Kathedrale Richtung Bankmuseum. Leider ist dieses am Montag geschlossen. Wir schlendern zur Post, wo wir unsere Postkarten aufgeben. Das Hauptpostamt ist auch ein sehenswertes Gebäude aus der Kolonialzeit.

   
Kathedrale an der Plaza de Armas in Lima   Kathedrale mit Betongewölben   Plaza de Armas, Lima


Per Taxi zum Goldmuseum. Seit meinem Besuch vor 27 Jahren hat sich die Ausstellung massiv vergrössert. Wir sehen Ziselierarbeiten, Einlegearbeiten mit Türkisen, Trinkbecher, mumifizierte Köpfe und Leichen, Webearbeiten. Die Ausstellung ist nicht optimal. Viele Dinge sind zu hoch oder zu tief angeordnet, so dass die Betrachtung ermüdend ist. Martin beschliesst, sich in einen Rollstuhl zu setzen, so ist er auf der richtigen Höhe für die Beschriftungen und die in der Mitte und unten ausgestellten Gegenstände. Meine Trekkingschuhe zerfallen. Ich hinterlassen ein Spur von Gummibröseln, die mir peinlich ist. Nach dem Museumsbesuch fahren wir zu Robert. Er hat einen Computerfachmann kommen lassen, der uns helfen kann, einen Ersatz für unseren noch in Ecuador gestorbenen Computer auszuwählen. Eine weitere Freundin des Hauses bietet uns an, am kommenden Tag mit uns den Computer posten zu gehen. Das nehmen wir gern an. Robert fährt mit uns ins Zentrum von Miraflores und ich werde bei Bata fündig für neue Trekkingschuhe. Wir flanieren über den Markt in der Mitte des Platzes Kennedy. Ich poste drei winzigste Ohrstecker, damit mir die Löcher nicht zuwachsen, da ich alle auffälligen Ohrringe auf Suleika zurück gelassen habe. Zu dritt gehen wir einen Pisco Sour trinken, nachdem wir dieses wohl schmeckende Getränk auf Basis eines Traubenschnapses im Schweizer Club kennen– und lieben gelernt haben. Der heutige Taxichauffeur ist eine Nummer für sich. Er lässt sich von Martin physikalische Formeln auf Notizzettel schreiben, damit er die dann heute Abend mit seinem Sohn durch gehen kann. Wir essen im Beizli neben unserem Hotel Znacht.

Wir stehen zeitig auf, da Claudia uns um 9.30 Uhr wegen dem Computer Bescheid geben will und wir vorher noch Geld holen müssen auf der Bank. Als kein Anruf kommt, melden wir uns um 10.00 Uhr. Claudia wartet noch auf Informationen vom Computergeschäft. Als ich zurück rufe, geht uns das Guthaben auf dem Natel aus. Ich rufe aus dem Internetcafe von einem Festanschluss aus an zurück und gleichzeitig meldet sich Robert auf dem Natel. Fast so wie früher im Büro. Ich rufe Robert nachher zurück. Heute essen wir in einem Restaurant im ersten Stock mit Blick auf die Plaza de Armas ein Almuerzo (einfaches Mittagessen, meist nicht auf der Karte). Das Essen ist günstig, nicht atemberaubend, die Aussicht dafür umso mehr.

   
Jugendstilhaus im Zentrum Limas   Plaza de Armas  

Robert ruft nochmals an, Claudia erwarte uns pünktlich um 14.30 Uhr bei einem Computergeschäft. Wir beeilen uns, rechtzeitig dort zu sein, doch von ihr fehlt jede Spur. Wir rufen sie an, sie ist völlig aufgelöst, will in einer Viertelstunde eintreffen. Eine knappe halbe Stunde später kommt sie. Wir kaufen mit ihrer Hilfe einen Acer aspire one und sie hilft uns gewaltig bei den Preisverhandlungen. Dazu kommt noch ein externer CD–Drive, da das 10’’ Notebook keinen eingebaut hat. Zurück im Hotel programmiert Martin den Computer, ich gehe mailen ins Internetcafe. Auf dem Heimweg halte ich einen kurzen Schwatz mit Angelika.
Am Mittwoch erheben wir uns früh, da wir das externe CD–Laufwerk zurück geben möchten, es funktioniert nicht gescheit. Ob das klappen wird? Vorerst kümmern wir uns um die Kultur, da Claudia uns informiert, dass der Computerladen nicht vor Mittag öffnet. Wir schauen uns das Rafael Larco Herrera Museum an, das im herrschaftlichen Haus aus dem 18. Jahrhundert des ehemaligen Vizekönigs unter gebracht ist. Die Ausstellung ist top. Töpfereien, so weit das Auge reicht, von feinster Qualität aus verschiedenen Epochen. Daneben fehlen weder Stoffe noch Gold– und Silberarbeiten.

   
Goldene Ohrpflöcke im Museum Rafäl Larco Herrera in Lima   Kopfputze aus Gold   Einer davon aus der Nähe


Die vorkolumbianischen Völker Perus kannten keine Schrift. Alles, was man von ihnen weiss – und das ist nicht viel – stammt von Darstellungen auf Töpfen und Stoffen.

   
Tiertopf im Rafäl Larco Herrera Museum   Der Uhu–Gott Mochica, 1–800 nach Christus  

Die Ausstellung ist bestens beschriftet und angenehm anzusehen. Etwas vom Eindrücklichsten ist, dass man auch das Lager des Museums besichtigen darf, wo sich Töpfereien aller Art vom Boden bis zur Decke an allen vier Wänden der Ausstellungsräume stapeln. Unglaublich, welche Formenvielfalt und welcher Reichtum hier liegt.

   
Das ausgestellte Lager des Rafael Larco Herrera Museums    

Schon ziemlich gesättigt mit neuen Eindrücken spazieren wir durch die Sammlung der erotischen Töpfereien. Interessant ist, dass auch die Toten Liebe machen. Das Weltbild dieser Völker ist aufgespannt zwischen Überirdischem, Weltlichem und Unterwelt. Seelisch waren diese Menschen weit voran, Waffen spielten keine Rolle, sodass Pizarro mit 150 Mann das ganze Inkareich flach gemacht hat, schrecklich, schrecklich! – Auf zum Computer. Nach kurzem Test ist klar, dass unser Teil nicht funktioniert. Leider können sie weder das Geld zurück geben, noch andere Ware dafür. So zotteln wir mit einem funktionierenden CD–Laufwerk ab. Auf dem Heimweg erstehen wir zwei Tickets für morgen: Stadtrundfahrt im offenen Bus, dem Mirabus, mit Besichtigung der Katakomben des Franziskanerklosters. Wir rufen Robert an, fahren zu ihm und deponieren unser CD–Laufwerk bei ihm, das wir dort zwischen lagern können, damit wir es nicht durch ganz Peru und Bolivien schleppen müssen. Supernett von Robert, dass er uns dieses Angebot gemacht hat. Robert lädt uns bei sich zu Hause zum Abendessen ein. Ich gehe mit ihm im Supermarkt Wong einkaufen. Schade, dass wir keine Küche zur Verfügung habe, hier gibt es sooo viele feine Sachen zu kaufen. Ich wähle ein Picknick für die Weiterreise übermorgen. Robert bezahlt alles. Vielen Dank. Wir plaudern in Roberts Küche, essen, trinken ein Glas Rotwein dazu. Zum Dessert gibt es Vanilleglacé mit Holunderkonfitüre. Fein. Als wir im Hotel eintreffen, ist das Internet bereits abgeschaltet.

Der Wecker reisst uns um sechs Uhr morgens aus dem Schlaf. Wir müssen auswärts frühstücken, da unser Dachterrassenrestaurant erst um acht Uhr öffnet. Gleich um die Ecke finden wir ein Beizli und essen ein Desayuno criollo: Lomo Saltado. Das ist ein Gericht aus Rindfleischstreifen, Zwiebelschnitzen, Tomaten und Kartoffelschnitzen mit Sauce. Ganz fein. Dann per Taxi zur Mirabusstation in Miraflores. Dichter Verkehr. Da wir frühzeitig sind, trinken wir im Starbucks einen Espresso und nützen das Gratis–WIFI für die gestern verpasste Mail. Im Mirabus lernen wir Cornelia, eine Schweizerin, kennen, die seit viereinhalb Monaten durch Südamerika reist. Die Katakomben des Franziskanerklosters beherbergen 25’000 Tote. Wir sehen Hunderte von Knochen und Schädel da herum liegen. Der Kreuzgang des Klosters ist schön, wird gerade renoviert. Auf dem Rückweg nach Miraflores sehen wir den Liebespark und erstmals einen der Pazifikstrände von Lima. Das Meer zu sehen, freut uns immer wieder von Neuem!

   
Schräge Architektur in Miraflores   Lamas im Paseo de la República   Plastik im Park der Liebenden


Wir essen mit Cornelia zu Mittag, teilen uns zu dritt zwei Menüs und kriegen alle genug zu essen. Die nette Kellnerin offeriert einen dritten Pisco sour und eine Chicha morada, ein Maisgetränk. Am Nachmittag besichtigen Martin und ich das Archäologische Museum. Die beiden ausgestellten in Stein gehauenen Stelen sind eindrücklich. Auch hier bringen einem wandgrosse Fotos den Zustand der ursprünglichen Ausgrabungsstätten näher. Das Gebäude des Museums und der Patio sind angenehm. Wir erwischen wieder einmal einen ganz interessanten Taxichauffeur und erleben zum ersten Mal die Stosszeit in Lima. So ein Verkehrschaos haben wir noch nie gesehen. Das Motto ist: hupen und Gas geben. Statt einer halben Stunde dauert die Heimfahrt fünf Viertelstunden. Wir sind froh anzukommen.
Um fünf Uhr rasselt der Wecker. Eine Stunde später sitzen wir im Taxi Richtung Busbahnhof. Wir brechen auf nach Nasca. Als wir um 7.30 Uhr losfahren, hat es Nebel in den Bergen. Unterwegs wird die Wüste von vielen oasenähnlichen Ortschaften unterbrochen.

   
Busfahrt durch die Wüste nach Nasca    

Wir sehen Kuhgatter voller Kuhherden, Olivenbäume, Kulturen mit kleinen Bäumen, die wir nicht kennen, Spargel wird angebaut, Baumwollstudenfelder so weit das Auge reicht. Wie immer bei der Busgesellschaft Cruz del Sur ist auch heute Morgen von jedem Passagier eine Videofilmaufnahme gemacht worden. Die Strasse windet sich in Kurve runter in ein grünes Tal, das wir durchqueren und auf der anderen Seite wieder eine gewisse Höhe erklimmen. Wir nähern uns Nasca. Beim Busbahnhof wehren wir alle Schlepper und Taxis ab und machen uns zu Fuss Richtung unserem Wunschhotel auf. Wir kriegen ein Zimmer, buchen – nach zähen Verhandlungen – zwei Flüge über die Nascalinien bei Maria. Danach spazieren wir durchs Dorf, sitzen auf der Plaza de Armas, essen auf eine der wenigen luftigen Terrassen im ersten Stock einer Beiz Znacht. Müde legen wir uns aufs Ohr. Das Hotel hat nur einen Nachteil: es ist super ringhörig. Ein Gast wird mit Klopfen an die Tür um 3.00 Uhr geweckt. Er stellt den Fernseher ein, das motiviert ein Pärchen, sich dem Liebesgestöhn hin zu geben, und so gegen 4.00 kehrt Ruhe ein und wir erwischen noch eine Kappe Schlaf.

   
Innenstadt von Nasca    

Kurz nach sieben Uhr essen wir das Morgenessen. Maria ist entsetzt, ihrer Meinung nach hätten wir den Flug mit leerem Magen antreten sollen. Wir sind bereit um 8.30 Uhr, doch vom Bus, der uns abholen sollte, fehlt jede Spur. Kurz vor 9.00 Uhr trifft er ein. Wir fahren zum DVD über die Linien und die Kultur von Nasca. Erst nach 10.00 Uhr treffen wir auf dem Flughafen ein, um zu erfahren, dass wir erst um 11.00 Uhr fliegen werden. Wir sind echt wütend auf Maria, die uns versprochen hat, wir wären um 9.00 Uhr in der Luft! Der Rundflug findet mit einer fünfplätzigen Cesna C 206 statt. Wir beide zuhinterst mit drei ganz netten Passagieren und einem sympathischen Piloten.

   
Unsere Cessna C 206   Noch auf dem Boden  

Wir sind fünfunddreissig Minuten in der Luft und sehen uns dreizehn der Figuren der Líneas de Nasca an. Bis heute ist ungeklärt, wie und warum diese Figuren, geometrischen Formen und langen Linien vor mehr als 2000 Jahren erstellt worden sind, die man auf dem Boden nicht erkennen kann, nur aus der Luft. Aufgrund neuster Funde wird davon ausgegangen, dass auf den zoomorphen Formen Prozessionen stattgefunden haben.

   
Der Affe   Die Spinne   Der Kolibri


Für die geometrischen Formen und Linien fehlt vorläufig jede Erklärung.

   
Der Baum und die Hände beim Aussichtsturm   Kilometerlange Linien der Nasca   Was war die Bedeutung dieser Linien?


Kurz vor zwölf sind wir zurück im Hotel. Ich zwicke noch eine Dusche, Martin packt. Wir deponieren den grossen Rucksack im Aufenthaltsraum des Hotels, essen auf der Dachterrasse des Hotels unser Picknick und kümmern uns dann um unsere Fotos. Der Taxichauffeur Luís, den Maria für uns organisiert hat, trifft zwei Minuten vor zwei Uhr ein. Wir fahren mit ihm zum Gräberfeld von Chauchilla. Auf dem Weg dorthin sehen wir einen modernen Friedhof mitten in der Wüste. Luís erklärt uns, dass eine Beerdigung in Nasca 800 Soles (ca. CHF 320.–) kostet und dass die Menschen, die das nicht vermögen, ihre Toten hier mitten in der Wüste bestatten. Bei den Gräbern besuchen wir das kleine Museum. Sehen eine eindrückliche Mumie mit Haaren, Haut und Finger– und Zehennägeln. Faszinierend und gruselig.

   
Zweitausendjährige Mumie in Chauchilla   Mit Haut und Zehennägeln  

Dann wandern wir von einem Grab zum nächsten. Verstehen dank dem wehenden Wind die grossen Schutzmauern bei jeder Grabstätte. Sehen uns die Schädel, Stoffbündel und Knochenhaufen an. Diese Ausstellung lebt für uns vor allem durch all das Wissen, das wir uns zwischenzeitlich in den Museen und Führern angeeignet haben.

   
Grabstätte Chauchilla   Zweitausendjähriger Hippie  

Luís hält auf meinen Wunsch beim modernen Friedhof an, dass ich noch ein paar Bilder knipsen kann. Zwischenzeitlich erklärt er Martin, dass es in den hier zu sehenden Hügelzügen Gold– und Kupferminen gibt.

   
Wüstenfriedhof der Armen    

Zurück im Hotel kümmern wir uns in der Hotellobby um unseren neusten Fötelis, gehen Abendessen und holen dann unseren Rucksack ab. Weiter geht’s per Nachtbus nach Arequipa, das auf 2’350 Metern über Meer liegt.