Logbuch
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Rio Dulce in Guatemala und Ausflug nach Tikal
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Samstag, 2. bis Samstag, 16. August 2008

Am Samstagmorgen um sechs Uhr machen sich Jodi, Jefe und ich auf den Weg zum Morgenspaziergang. Wie immer durchqueren wir Dutzende von Spinnenweben auf dem Steg durch den Regenwald. Martin und ich nehmen die neun Uhr Lancha ins Städtchen, posten Papier und Schleifpapier. Beides mit grossem Erfolg. Wir feiern das mit einer Pizza zum Mittagessen. Anschliessend kaufen wir Esswaren ein und nochmals zwei der Aktions–T–Shirts im Supermarkt: eines für Martin, eines für mich. Da die Tortugallancha um zwei Uhr Verspätung hat, verhandelt ein älterer Herr mit den Lanchachauffeuren am Hauptsteg und wir kriegen eine Fahrt für zehn Quetzal (entspricht einem Franken vierzig) pro Nase. Auch gut. Gleich bei der Ankunft werde ich von Jodi abgefangen und spiele ein Scrabble mit ihr. Als ich aufs Schiff komme, hat Martin bereits einen Grossteil der Einkäufe verstaut. Super. Zum Abendessen gibt es Spaghetti.

Den Sonntagmorgen verbringe ich mit munterem Löten an meinen verschiedenen Ohrringprojekten. Martin hilft mir beim Silberketteli anlöten. Ein besonders heikler Arbeitsschritt. Doch er gelingt. Judihui. Martin büffelt Spanisch. Nach dem Salat am Mittag kümmere ich mich um die Schmuckfotos im Computer, während dem Martin sich dahinter macht, die neusten Ohrringe ins Schmuckbüchlein zu zeichnen. Genial.

Am Montag darf ich mit unserem Sonnendach zu Momo. Wir möchten es inskünftig nicht mehr auf dem Baum auflegen, sondern an der Dirk und dem Grossfall aufhängen, damit es sich nicht mehr am Sonnenschutz des Grosssegels reibt. Dazu müssen wir drei Laschen mit Verstärkung annähen. Martin bleibt auf Suleika und macht einen prothesenfreien Tag, da er einen Bluterguss hat, der ihn schmerzt. Barbara näht an ihrer Canvasmaschine und ich helfe ihr, den Stoff zu führen. Wir kommen ganz schön ins Schwitzen. Am Mittag fahre ich kurz rüber, bereite einen Salat vor und wir bringen noch Käse und selbstgebackenes Brot mit, während dem Barbara Salami und Streichkäse bereit stellt. Wir geniessen einen feinen Zmittag zu viert auf Momo. Ich bringe Martin wieder heim und weiter geht es. Barbara und ich nähen den ganzen Nachmittag, während dem Martin seine Schmuckzeichnungen koloriert. Sooo schön. Als wir mit Nähen fertig sind, werde ich zu einem wunderbaren Drink auf Momo eingeladen. Wir geniessen die leichte Brise im Cockpit. Ganz anders als den Tag unter Deck!

Dienstags sind Martin und ich die einzigen von der Marina Tortugal, die in den Spanischkurs gehen. Nach der Lektion essen wir einen Salat auf Suleika. Martin hängt das abgeänderte Sonnendach neu auf. Es sieht absolut genial aus. Jetzt können wir im Cockpit auch stehen, wenn das Sonnendach montiert ist. Ein Riesenfortschritt. Ich poliere Susannes Ring und bereite danach neue Teile zum Löten für Ohrringe vor. Martin lernt Spanisch wie ein Verrückter. Mich hat der Schmuckvirus voll im Griff. Zum Abendessen geniessen wir feine Steaks aus dem Laden von Mario’s Marina. Werden wohl für eine ganze Weile die letzten sein, da am Donnerstag das letzte Mal Spanischkurs ist. Sooo schade.

Barbara und Wolfgang reisen heute zum Visarun Richtung Belize ab. D.h. sie müssen drei Tage in Belize verbringen, damit sie wieder ein Visum für neunzig Tage in Guatemala erhalten. In dieser Zeit wohnt Jodi auf Momo, damit der Kater Einstein weder vereinsamt noch verhungert bis die beiden wieder zurück sind. Kaum sind Barbara und Wolfgang abgereist, geht mir das Gas aus in Wolfgangs Lötmaschine. Ei der Tausend! Daran habe ich leider nicht rechtzeitig gedacht..... Martin spritzt die Fock mit dem Schlauch ab. Ich helfe ihm dabei, in dem ich bis zur ersten Saling hochklettere und die Spitze der Fock auch noch abspritze und mich damit. Ist angenehm in dieser Wärme. Nur, dass ich durch die Brille nichts mehr sehe, ist nicht optimal. Mittags um zwölf haben wir ein Rendez–vous mit Janet, um aus dem gekauften Papier Kärtchen zu schneiden, an denen ich dann jeweils ein Paar Ohrringe befestigen kann. Es klappt ganz gut mit dem Zuschneiden. Zurück auf dem Schiff verpasse ich jedem Kärtchen einen Suleikastempel und zwei Löcher, damit ich die Ohrringe befestigen kann. Sieht gut aus, das Ganze! Martin verkleinert die von mir ausgesuchten Schmuckfotos, so dass ich das ganze Paket abends an Dorothee schicken kann. Sie wird die Fotos unter Schmuck, Suleikakollektion, aufs Netz stellen. Darauf freuen wir uns schon riesig.

Morgens um fünf Uhr fünfzehn werden wir von einem Blitzschlag geweckt. Martin ist der Meinung, dass der Blitz in eines der drei Boote, die an den Bojen liegen, eingeschlagen hat. Ich stecke kurz meinen Kopf raus, um zu sehen, ob jemand Hilfe braucht. Schliesslich verbringt Jodi ihre erste Nacht allein auf einem Segelschiff.... Ich kann nichts erkennen und lege mich wieder hin. Als wir beim Frühstück sitzen, fährt Claudie mit dem Dingi zuerst zu Momo und dann zu uns: der Blitz hat bei ihnen eingeschlagen. Es hat sie böse erwischt: die Antenne ist vom Mast geflogen, die Navigationslichter liegen zersplittert an Deck, es hat Bodenbretter gelöst und hinten in beiden Rümpfen hat es Löcher, wo der Blitz das Schiff verlassen hat. Ganz unschön. Unter diesen Umständen werden sie auf die letzte Spanischlektion heute verzichten, was wir gut nachvollziehen können. Sie fahren mit ihrem Katamaran in die RAM–Marina und lassen das Schiff aufs Trockene stellen, um den Schaden begutachten zu können. Martin und ich fahren ins Spanisch, geniessen die letzten beiden Stunden und alle gemeinsam essen wir anschliessend mit Linda, unserer Lehrerin, in Mario’s Marina zu Mittag. Wir unterhalten uns gut mit unseren verschiedenen Klassenkameraden, bevor wir alle für eine längere Zeit auseinander gehen. Linda plant, die Spanischlektionen anfangs Oktober wieder auf zu nehmen. Zurück auf Suleika hole ich die Wäsche ab und mache noch eine Handwäsche an Bord. Verpuffe die sauberen Sachen und lese danach. Wir verbringen einen gemütlichen Abend zu zweit.

Freitags fahre ich mit der neun Uhr Lancha einkaufen und spaziere vollbepackt zur Marina zurück. Nach dem Mittagessen attackieren wir gemeinsam unseren Backofen und überhaupt die ganze Küche. Eine gründliche Reinigung ist wieder einmal angesagt. Während dem ich in der Küche die Wände und Decke runterwasche, vergnügt sich Martin im Cockpit mit dem Abspritzen der diversen Gitter. Als wir knietief im Schrubben stecken, schauen Coletta und Erwin von der Fuga im Dingi vorbei. Sie werden in wenigen Tagen für ein halbes Jahr nach Holland zurück reisen, haben hier ein grösseres Schiff gesehen, dass sie gerne kaufen möchten, falls sie die Finanzierung hinkriegen. Wir drücken ihnen die Daumen. Wir machen ab, dass wir sie am nächsten Tag auf Fuga besuchen werden. Jodi hat Barbara und Wolfgang per E–Mail über den Blitzschlag informiert. Barbara hat nun telefonisch Janet erreicht und sie gebeten, uns ausrichten zu lassen, wir sollten doch auf Momo den Motor und die technischen Anlagen prüfen, ob noch alles funktioniert. So tuckern wir mit dem Dingi zu Momo, um alles zu testen und werden von Jodi zum Nachtessen eingeladen. Genial. Jodi kann wirklich kochen und wir geniessen das Essen in vollen Zügen. Der Motor läuft einwandfrei und auch alles andere Elektrische, das wir anschauen. Zum Glück.

Wir schlafen aus am Samstagmorgen. Nach dem Morgenessen spaziere ich ins Städtchen zum Früchte– und Gemüseeinkauf. Poste ein halbes gebratenes Poulet im Supermarkt für unser Mittagessen, spaziere zurück auf Suleika. Wir geniessen das halbe Huhn und machen uns dann auf den Weg, um Fuga den versprochenen Besuch abzustatten. Die beiden liegen auf der gleichen Höhe des Flusses wie wir, nur auf der anderen Seite. So überqueren wir den Rio Dulce im Dingi und kommen innert kürzester Zeit auf Fuga an. Das Schiff ist kleiner als Suleika, nur achtundzwanzig Fuss lang. D.h. nur 8,6 Meter lang. Als wir das Schiffsinnere besichtigen, sind wir total begeistert. Es ist supergemütlich eingerichtet, einfach alles auf noch etwas weniger Raum als bei uns. Aber sehr gut organisiert. Gefällt uns gut. Neben Fuga liegt das Aluminiumschiff, welches Coletta und Erwin gerne kaufen würden. Eine 12,8 Meter lange Sloop. Ein sehr schönes Schiff. Doch wird es Erwin bestimmt nicht leicht fallen, sein Schiff, auf dem er fünf Jahre gesegelt ist, zu verlassen. Er hatte sehr viel umgebaut und so eingerichtet, wie es ihm gefiel. Allerdings ist Fuga für ein Leben zu zweit wirklich sehr, sehr eng. Abends gehen wir ins Restaurant von Tortugal essen, da Janet heute eine Lasagne gebacken hat. Jodi isst mit uns. Die Lasagne schmeckt gut. Jodi und ich spielen danach noch ein Rumikub und Martin hilft mir dabei.

   
Erwin und Coletta auf Fuga    

Am Sonntag trocknen wir die Fock fertig, nehmen sie runter, legen sie zusammen und verstauen sie in ihrem Segelsack in der Gästekoje. Martin spritzt die Genua ab, doch kommt Wind auf, bevor sie ganz trocken ist. Also rollen wir sie wieder ein und werden das Trocknen und abnehmen auf Montag verschieben. Wir erfahren hier in der Marina, dass am Samstagabend ein Segelschiff, das vor Anker lag, überfallen worden ist und dass der Mann tot sei und die Frau im Spital liege. Hässlich.

Als wir am Montagmorgen das Funknetz der Segler hören, wird klar, dass es sich beim umgebrachten Segler um Dan handelt, der mit mir im Spanischkurs war und dass seine Frau Nancy, die mit Martin in der Klasse war, im Spital liegt mit durchbohrter Lunge. Wir sind sehr betroffen und traurig, da wir die beiden sehr gut gemocht haben. Sie haben ihr Schiff anfangs dieses Jahres gekauft und wollten nun einen neuen Lebensabschnitt nach der Pensionierung in Angriff nehmen. So plötzlich kann ein Traum ausgeträumt sein.....

Wir nehmen die Genua runter und legen sie auf dem Steg zusammen. Am Nachmittag gehen wir in die Stadt, um Geld zu holen und rauszufinden, wann die Busse nach Flores fahren, da wir am Dienstag Richtung Tikal abreisen wollen. Auch posten wir gutes, dunkles Brot bei Tom, einem Schweizer, der hier ein kleines Restaurant hat. Als wir mit der Spätnachmittagslancha zurück kommen, sehen wir, dass Barbara und Wolfgang wieder da sind. Barbara sagt mir, dass es sich nicht lohne, den normalen Bus zu nehmen, da man riskiert, die ganzen dreieinhalb Stunden, welche die Reise dauert, zu stehen. Das möchten wir dann bei aller Abenteuerlust doch nicht! So entscheiden wir uns, denselben Bus zu nehmen wie Catherine und Neville von Dream Time, denjenigen, der nachmittags um drei Uhr los fährt. Eigentlich schade, da wir lieber am Morgen gereist wären und uns nachmittags das Städtchen Flores angeschaut hätten...

Neville bietet uns an, gleich für uns für Tickets zu schauen. Wir nehmen sein Angebot gern an und kurz darauf brausen Catherine und er mit ihrem Dingi nach La Fronteras. Wir nutzen die zusätzliche Zeit, um unsere Wassertanks zu füllen. Mitten in der Arbeit jagt es die Spritzpistole ab. Mich erreicht das Ereignis vor allem akustisch.... Martin reagiert schnell und trotzdem ist so einiges nass geworden. Jä nu, ist ja Süsswasser und wird wieder trocknen. Alles halb so wild. Wir beseitigen den Sumpf und Martin beendet das Füllen der Wassertanks erfolgreich. Neville schaut vorbei und bringt uns die Bustickets für heute Nachmittag. Zu viert nehmen wir die Frühnachmittagslancha und warten dann in der Stadt, bis der richtige Bus ankommt. Obwohl es sich um garantierte Sitzplätze handelt, muss ein junger Mann, der mit uns einsteigt, zwischen dem Fahrer und dem Beisitz hocken, wo es keinen richtigen Sitzplatz hat. Erst nach zwei Stunden kriegt auch er einen richtigen Sitzplatz. Die Fahrt wird zweimal unterbrochen. Beide Male müssen alle aussteigen. Worum es beim ersten Mal geht, bleibt unklar. Beim zweiten Halt wird untersucht, ob jemand Früchte mitbringt, da es eine Fliege gibt, die sie in dieser Provinz nicht haben und auch nicht Einführen möchten. In Santa Elena angekommen organisiert Neville ein Taxi für uns vier, das uns nach Flores rüberbringt. Flores ist die Hauptstadt des Departements Petén und liegt auf einer kleinen Insel im Petén Itzà See. Sie misst nur wenige hundert Meter im Durchmesser und war bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts nur per Boot erreichbar. Heute verbindet ein asphaltierter Damm die ehemalige Insel mit Santa Elena auf dem Festland. Das aus dem Reiseführer ausgesuchte Hotel gefällt uns. Wir treffen Catherine und Neville beim Abendessen und verbringen einen gemütlichen Abend mit den Beiden. Wir essen auf einer luftigen Terrasse mit Sicht auf den See. Wunderschön.

   
Catherine und Neville von Dream Time    

Da Martin sich nicht dafür begeistern kann, morgens bereits um drei Uhr loszuziehen, lassen wir es bleiben. Wir stehen kurz vor sechs auf, beobachten den Sonnenaufgang von unserem Balkon aus und gehen dann zum Morgenessen.

   
Sonnenaufgang in Flores   Calle 15 de Septiembre, Flores  

Frisch gestärkt nehmen wir das Büslein, das um acht Uhr Richtung Tikal aufbricht. Wir sind gespannt und freuen uns darauf, diese Mayaruine zu besichtigen. Unterwegs steigt noch ein Guatemalteke ein, von dem sich mit dem Näherkommen der Ruine herausstellt, dass er ein Führer ist. Wir lehnen sein Angebot dankend ab, da wir das Gelände lieber auf eigene Faust erkunden wollen. Als wir vor dem Eingang am Touristeninfozentrum vorbei spazieren, kommt eine junge Frau auf uns zu und erklärt uns, dass Martin sich bis zum grossen Platz fahren lassen kann gegen ein Trinkgeld und ich auch miteinsteigen dürfe. Gerne nehmen wir dieses Angebot an. Die Mayaruinen verteilen sich auf 16 Quadratkilometer, so dass wir auch so noch genug zum Laufen kommen. Ein kleines Lastwägelchen, das auf der Ladefläche Sitzbänke hat, kommt daher gerumpelt und lädt uns ein. Martin setzt sich vorne rein und ich mich hinten an die frische Luft. Schon auf dieser Fahrt erhaschen wir hie und da einen Blick auf eine Ruine. Die ganze Sache ist vielversprechend.

   
Regenwald    

Als wir am grossen Platz ankommen, ist die Sicht auf die Ruinen einfach atemberaubend. Ohne lange zu zögern erklimmen wir über die aufgestellte Holztreppe die Ruine des Tempels II, von der aus wir eine gute Übersicht haben. Der Name Tikal bedeutet "Der Ort, an dem die Geisterstimmen ertönen". Es ist unglaublich, dass die Mayas all diese Bauwerke ohne Eisenwerkzeug und ohne das Rad erbaut haben. Die ganzen Ruinen liegen inmitten des Regenwalds, der sich in zwei Typen zeigt. Einerseits der Bergwald mit bis zu 50 Meter hohen Bäumen, dunklem Boden und wenig Unterwuchs, wo Edelhölzer wie Mahagoni oder Zedern wachsen. Andererseits herrschen in tieferen Regionen niedere Bäume, die von dichtem Dornengestrüpp und Schlingpflanzen umgeben sind, vor.

   
Aufstieg zum Tempel II   Tempel I bzw. Grosser Jaguar   Nordakropolis


Auf den 16 Quadratkilometern haben die Archäologen 3000 Gebäude und 121 Stelen kartographiert. Rund 70% der ausgedehnten Ruinenstätte sind immer noch vom Regenwald überwuchert. Wir stehen nun also auf dem Tempel II und blicken auf den gegenüberliegenden Tempel I, der auch Grosser Jaguar heisst. Eine imposante Pramide.

   
Plaza Central   Grosser Jaguar   Tempel I



Zu unserer Rechten liegt die Zentrale Akropolis und zu unserer Linken die Nordakropolis. Auf dem grossen Platz lagern die Touristengruppen im Baumschatten und lassen die Atmosphäre des Platzes auf sich wirken.

   
Zentrale Akropolis   Blick von der Zentralen Akropolis Richtung Norden   Zentrale Akropolis


Als wir uns satt gesehen haben – so dies überhaupt möglich ist – steigen wir auf den Holzleitern wieder runter auf den Platz und erklimmen als nächstes die Nordakropolis. Unter einem Palmblätterdach können wir eine der ausgegrabenen Stuckmasken betrachten. Ein Charakterkopf blickt uns da entgegen. Als wir auch diesen Ausblick tief in uns eingesogen haben, steigen wir wieder runter, spazieren um den Tempel des grossen Jaguars herum, wandeln auf schattigen von Wurzeln durchwirkten Urwaldpfaden Richtung Tempel V.

   
Blick von der Nordakropolis nach Süden   Aufgang zum   Grossen Jaguar


Der Tempel V ist 58 Meter hoch und über eine steile Holztreppe zu erreichen. Er ist im Jahr 750 erbaut worden. Der Aufstieg ist anstrengend und auf den kleinen Plattformen sind die Handläufe unangenehm heiss erhitzt von der Sonne, die hier nun mal senkrecht steht.

   
Immer munter rauf   und runter (Tempel V)  

Als wir oben ankommen, trauen wir unseren Augen kaum. Aus dem Urwald blickt hier und da eine Pyramidenspitze raus. Rechts von unserem Tempel tummeln sich lautstark ein paar Affen in den Bäumen. Wir erhaschen leider nur einen flüchtigen Blick auf eines dieser prächtigen Tiere. Immer wieder schweift unser Blick in die Weite: "Drum trink, o Auge, was die Wimper hält". Es ist mir Worten schwierig zu beschreiben, was in uns vorgeht. Als wir so weit sind, dass wir das Panorama auch mit geschlossenen Lidern vor uns sehen, machen wir uns an den Abstieg. Wir spazieren zum Hauptplatz zurück und picknicken dort auf einer Bank im Baumschatten, umgeben von diesen eindrücklichen Monumenten.

   
Auf Tempel V   Dito   Steinerne Zeugen


Als wir genug gegessen, getrunken und ausgeruht haben, erklimmen wir die Zentrale Akropolis. Danach spazieren wir in gemütlichem Tempo zur Verlorenen Welt (Mundo Perdido). Hier steht eine halb überwachsene Ruine.

   
Mundo Perdido   Verlorene Welt  

Seit letztem Jahr ist es nicht mehr erlaubt, die 32 Meter hohe Grosse Pyramide zu besteigen. Sie wurde von den Maya für astronomische Beobachtungen genutzt.

   
Grosse Pyramide   für astronomische Beobachtungen  

Ich erklimme dafür die andere zur Anlage gehörige Pyramide, die zwar weniger hoch ist, aber trotzdem einen schönen Ausblick auf die Umgebung erlaubt. Wir schlendern gemächlich durch den Urwald zurück Richtung Hauptplatz. Wir erhaschen einen Blick auf den Tempel III, der unsere Vorstellung anregt, wie das wohl gewesen sein muss, als diese Ruinenstätte im 19. Jahrhundert entdeckt worden ist.

   
Tempel III, noch nicht ausgegraben    

Die spanischen Eroberer waren nicht interessiert an den Regenwäldern des Petén, doch die Einheimischen wussten um die Existenz der Maya–Stadt. 1696 verirrte sich der spanische Missionar Andreas Aenando in dieser Gegend und berichtet von einer zugewachsenen Ruinenstätte. Doch wird nie klar, ob es sich dabei um Tikal handelte oder nicht. 1848 gelangt eine Expedition unter Leitung von Colonel Modeste Méndez, begleitet von Ambrosio Tut und dem Zeichner Eusebio Lara nach Tikal. 1877 lässt der Schweizer Botaniker Gustav Bernoulli die Türstürze aus Chicozapote–Holz der Tempel I und IV in das Museum für Völkerkunde in Basel bringen. Wir werden uns diese zwei Türstürze ansehen gehen, wenn wir im Herbst in der Schweiz sind. 1881/2 fertigt der britische Forscher Alfred P. Maudslay einen ersten Übersichtsplan von Tikal mit Zeichnungen und Fotografien an. In den Jahren 1895 und 1904 fotografiert der deutsche Forscher Teobert Maler die Anlage und veröffentlicht einen detaillierten Bericht. 1911 folgt die Veröffentlichung einer Studie des Amerikanischen Archäologen Alfred Tozzer über die Maya–Stadt. 1914 bis 1937 arbeitet der renommierte Maya–Forscher Sylvanus G. Morley für das Carnegie Institute, Washington, in Tikal und entdeckt Uaxactún. Die ersten Luftaufnahmen aus dem Jahr 1937 lassen die wahren Ausmasse der Anlage erkennen. 1956–1969 läuft das Tikal–Projekt der University of Pennsylvania mit Ausgrabungen. 1959 wird die Stele 29 aus dem Jahr 292 n.Chr. entdeckt, die älteste bekannte Zeitangabe in der Mayawelt. 1969 werden die Restaurierungsarbeiten unter dem Archäologen William R. Coe abgeschlossen. Ab 1970 führt das Instituto Guatemalteco de Antropología e Historia weitere Restaurierungsarbeiten durch. Ab 1991 beginnen die Restaurierungsarbeiten am Tempel I, finanziert durch die Cooperación Española. In den Jahren 2000 und 2001 wird von derselben Vereinigung der Tempel V restauriert.

   
Nette Begegnung    

Auf dem Weg von der Verlorenen Welt zum Grossen Platz zweige ich noch kurz ab Richtung Tempel IV, gebe aber auf der Höhe des Fensterpalastes die Unternehmung auf, da ich Martin nicht zu lange warten lassen möchte. Wir nehmen gemütlich den Heimweg unter die Füsse, als ein sanfter Regenfall einsetzt, doch sind wir gut geschützt von Regenjacke, Schirm und Blätterdach des Regenwaldes. Ein Nasenbär kreuzt unseren Weg und am Ausgang picken die riesigen Truthähne in der Wiese rum. Zu müde, um das Museum noch zu besuchen, trinken wir ein Bierchen, bis zur Abfahrt unseres kleinen Busses Richtung Flores. Nachdem wir uns im Hotelzimmer erfrischt haben, essen wir in einer gemütlichen Beiz einen feinen Salat und eine leckere Pizza zum Abendessen. Diese Nacht schlafen wir tief und fest.

   
Tempel IV    

Am Donnerstagmorgen machen wir nach dem Morgenessen eine Rundtour mit einem Tuktuk und besehen uns so die Insel. Programmgemäss müsste er uns im höher gelegenen Zentralpark ablegen, doch schafft das dreirädige Gefährt die Steigung nicht mit uns drin, so dass wir den Hügel zu Fuss erklimmen.

   
Schlappes Tuktuk    

Wir betrachten die Kirche von aussen und schauen uns Holzarbeiten an, die von einer Kooperative gemacht werden. Die Arbeiten sind meisterhaft ausgeführt und der Gott der Astronomie beeindruck uns sehr. Nur, wohin damit auf Suleika? Womit auch dieser Punkt erledigt wäre....

   
Parque Central, Flores    

Wir essen noch was Kleines zu Mittag und warten auf den Abholdienst zum grossen Bus, für den wir gestern Abend ein Ticket im Hotel gekauft haben. Um ein Uhr dreissig sollten wir bereit sein und mit uns noch zwei Engländerinnen. Wir sind allein. Um viertel vor zwei Uhr erkundigen wir uns an der Hotelrezeption und die freundliche Guatemaltekin teilt uns mit, wir müssten uns keine Sorgen machen. Um zwei Uhr machen wir uns Sorgen, sie blättert in ihrem Telefonbuch und gibt uns Bescheid, dass sie die Nummer des Mannes, der uns die Tickets verkauft hat, nicht kennt. Langsam spannen sich unsere Nerven etwas an, der Bus fährt schliesslich um zwei Uhr, doch wissen wir schon, dass Pünktlichkeit in Guatemala nicht das Wichtigste ist. Fünf nach Zwei kommt ein Minibus mit unserem Ticketverkäufer auf dem Beifahrersitz. Erleichterung macht sich breit. Wir steigen ein, verlassen mit dem Bus Flores und kurven durch Santa Elena. Am Dorfausgang hält der Bus und unser Ticketverkäufer steigt aus. Wir fragen, wie es weiter geht und er erklärt uns, wir hätten diesen Minibus als Privatgäste und der würde uns auf direktem Weg nach La Fronteras bringen. Wir staunen nicht schlecht, sind es aber zufrieden. Martin wechselt auf den Beifahrersitz und ich habe den Rest des Minibusses für mich! Der Fahrer erkundigt sich, wie viel wir für die Fahrt bezahlt haben, ich erkundige mich, was er gekriegt hat und wir finden heraus, dass unser Billetverkäufer die Hälfte für sich behalten hat. Trotzdem ist es für alle ein Gewinn: wir haben einen Privatbus, der Chauffeur hatte Touristen nach Flores gebracht, wohnt aber in La Fronteras und hätte ohne uns eine Leerfahrt machen müssen. Wir kommen noch rechtzeitig für die Spätnachmittagslancha an und treffen auch noch Jodi auf dem Weg zur Lancha. Was wollen wir mehr. Wir sind glücklich, wieder auf Suleika zu sein, geniessen ein heimatliches Bierchen und unser selbst gekochtes Essen.

Martin wechselt am Freitagmorgen das Öl im Aussenborder und kontrolliert und putzt die Zündkerze, während dem ich mich dem Schreiben des Logberichts widme. Als ich vom Duschen zum Schiff zurück komme, teilt mir Jodi mit, dass sie meine erste Kundin sein wolle und ein Paar Ohrringe kaufe. So genial! Vorher gehen wir noch zu dritt per Dingi Bier posten, danach wählt sie sich ein Paar aus, das ihr ausserordentlich gut steht. Abends erzählt sie allen, die es hören wollen, dass ihre neue Ohrringe von mir hergestellt worden sind ;–). Claudie und Dietmar sind auch hier zur Happy Hour. Um 19.00 Uhr sehen wir uns im Freiluftkino den Film "O Brother, where are thou!" mit George Clooney an. Gute Unterhaltung.

Jodi hat heute Samstag den ersten Tag ihres Segelkurses, wir sehen das Segelschiff den Fluss rauf– und runterkreuzen. Eigentlich stand heute das Sonnendach Nähen auf dem Programm, doch leider ist Barbara krank, so dass wir es auf morgen verschieben. So komme ich zum Löten und arbeite an meinen Ohrringen weiter. Martin studiert die Reiseführer, damit wir die Hotels reservieren können in Antigua und Chichicastenango. Wir machen einen Nachmittagsausflug in die Stadt, essen an einem Strassenstand einen Hühnerschlegel mit Pommes Frites, kaufen ein, trinken ein Bier resp. essen ein Glacé und schon geht es wieder zurück auf Suleika. Wolfgang nimmt noch ein Bierchen mit uns, dann essen wir und Jodi schaut noch kurz rein. Sie ist total erledigt von ihrem ersten Segelausbildungstag.