Logbuch
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Isla Margarita
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Samstag, 8. – Freitag, 20. Dezember 2007

Am Samstag, 8. Dezember 2007 startet unsere Inseltour mit Bill, dem Amerikaner, als Chauffeur und seiner venezolanischen Frau María als Reiseleiterin. Mit von der der Partie sind die Engländer Silvia und Peter von der Tradewind, die Australier Francis und John von der Palmask, die Amerikaner Paula und Ron vom Motorschiff Dovekie und der Australier Terry mit seinem holländischen Kollegen Tony von der Viva Less und wir zwei von Suleika. Nach grossem Palaver fahren wir los nach La Asunción, der Hauptstadt der Insel, welche 1565 gegründet worden ist. Es handelt sich dabei um ein hübsches Städtchen mit bunt bemalten Häusern, einem Hauptplatz mit einer Statue von Simón Bolívar, dem Befreier von Venezuela aus spanischer Herrschaft (1817), und einer in weissem Marmor von der Heldin Luisa Caceres. Leider kann uns niemand über ihre Geschichte resp. ihr Heldentum aufklären. Als wir die Kirche besichtigen, findet ein feierlicher Gottesdienst statt, der in einem Umzug des höchsten Würdenträgers sowie des Pfarrers und der Ministranten rund um die Kirche gipfelt. Es bliebe uns noch etwas Zeit, das Städtchen zu besichtigen, aber da es wie aus Kübeln anfängt zu regnen, suchen wir Schutz im Auto...

   
Alte Kirche in La Asunción   Prozession   Aussicht auf die Hauptstadt La Asunción


Über der Hauptstadt thront die Festung, in welcher Luisa Caceres mit sechzehn einige Jahre ihres Lebens im Kerker verbrachte, einer äusserst ungemütlichen, fensterlosen Kammer. Von der Festung aus haben wir einen herrlichen Rundblick, bis uns auch hier der Regen in die Gebäulichkeiten treibt... Ein wunderschönes bronzenes Pferd in Lebensgrösse ist das schönste Ausstellungsstück, das es zu betrachten gibt.

   
Festung entschärft   Vergnügt trotz   intensivem Regen


Unsere Reise führt uns ins Inselinnere, in die Berge, wo wir die wunderschöne Zuckerbäckerkirche La Nuestra Señora Del Valle besichtigen. Angeblich wurde die Statue der Jungfrau auf dem Meer treibend gefunden und dann in dieser Kirche aufgestellt. Jedes Jahr wird sie in neuen prächtigen Kleidern präsentiert, so dass es einen Grund gibt, diese Kirche regelmässig aufzusuchen.

   
Zuckerbäckerkirche   Lebendige Tauben   La Nuestra Señora Del Valle


Vor der Kirche befinden sich grosse Stände mit Blumensträussen und viele Zelte, in welchen Devotionalien zum Kauf angeboten werden. Wir stromern etwas durch das Dorf und werfen von aussen einen Blick auf das Museo Gral en Jefe Santiago Mariño. Die Zeit reicht leider nicht aus, uns die Ausstellung anzusehen. Bevor wir wieder den Bus besteigen, machen wir ein Gruppenbild unserer Schulklasse.

   
Rose präparieren zum Verkauf   Devotionalien ad libitum   Francis, Terry, Paula, Ron, Peter, John, Silvia, Tony, Martin und Ariane


Die Tour führt uns weiter, zurück nach Porlamar und wieder ins Inselinnere bis nach San Juan Bautista, wo wir bei Frank, einem Österreicher, der seit neunzehn Jahren in Venezuela lebt – nachdem er sieben Jahre auf einem Segelschiff durch die Welt gondelte – und der hier ein exquisites Restaurant sowie ein Hotel mit einem Swimmingpool betreibt. Wir können zwischen verschiedenen Fisch–, Fleisch– und Pastagerichten wählen. Martin und ich entscheiden uns für ein Steak mit Pfeffersauce. Nicht nur, dass unsere Fleischstücke wirklich "bleu" gebraten serviert werden, auch die Pfeffersauce und der Rotwein dazu munden uns vorzüglich. Nach dem Essen dürfen wir noch ein wunderschönes Hotelzimmer besichtigen. Beim aktuellen Wechselkurs wäre es für US–Dollar fünfundzwanzig pro Nacht zu haben. Doch schlafen wir beide lieber daheim auf Suleika ;–).

   
Hotelidylle in San Juan Bautista    

Unser nächster Halt ist Juangriego, benannt nach einem griechischen Piraten, der hier Schiffbruch erlitt, ein hübsches Städtchen an der Nordküste der Isla Margarita. Wir sitzen am Strand, schauen übers Wasser, während dem Francis und John erfolgreich je ein Paar Shorts posten.

   
Die Bucht von Juangriego   Blick auf Juangriego  

Bill fährt uns rauf zur Festung "El Fortin de la Galera". Auch hier ist der Ausblick die Erklimmung des Fortes wert. 1815, während dem Bolívar in Haiti im Exil weilte, startete sein Anhänger Juan Bautista Arismendi eine Attacke gegen die spanische Garnison und brachte alle spanischen Soldaten um. So diente El Fortin de la Galera als Brückenkopf, als Bolívar im Jahr 1816 mit 4’000 Gewehren und einer kleinen Streitmacht, welche ihm der haitische Präsident Tion zur Verfügung stellte, hier landete. Anschliessend stellte er sich eine kleine Armee zusammen und zog nach Carúpano. Doch der Unabhängigkeitskrieg dauerte fort und 1817 schlachtete der spanische General Pablo Morillo bei der Rückeroberung des Fortes Hunderte von Venezolanern ab. Man sagt, die Lagune, auf welche wir hinunterblicken, sei damals rot gewesen vom Blut der Ermorderten. Deswegen wird sie noch heute die Lagune der Märtyrer genannt. Unser Weg führt uns an der Nordküste entlang, wir halten an einem schönen Aussichtspunkt, dann zurück nach La Asunción und zu guter Letzt heim zum Ankerplatz, der so genannten Marina Juan. Es war ein schöner, erlebnisreicher Tag. Unterwegs erfahren wir, dass es zur Zeit schwierig ist, Eier, Mehl oder Milch zu kaufen, da Cháves, das aktuelle Staatsoberhaupt von Venezuela, die vorgeschriebenen Preise derart tief angesetzt hat, dass niemand mehr bereit ist, diese Produkte zu produzieren....

   
Lagune der Märtyrer   Die Pelikane haben übernommen  

Martin hat sich auf der Inseltour eine massive Erkältung mit Husten zugezogen, da unser Minibus schrecklich herunter gekühlt worden ist mit der Klimaanlage. So verbringen wir den Sonntag gemütlich auf Suleika, ich erledige Mailschulden und wir lesen.

Montags haben wir uns mit María bei der Marina Juan verabredet. Wir haben sie gebeten, sich zu erkundigen, wo man hier am besten Perlenstränge kauft. 1492 wurde auf der Insel Cubagua, unweit der Isla Margarita, die erste europäische Siedlung gegründet. Christoph Columbus sah Eingeborene mit Perlen auf der Halbinsel Paria. Innerhalb des folgenden Jahres entdeckten die beiden Abenteurer Christobal De LaGuerra und Pedro Alfonso Niño die Quelle der Perlen: die Insel Cubagua. Sie versklavten die Eingeborenen und zwangen sie, für sie Perlen zu tauchen. Hunderte von Indios starben an der brutalen Behandlung. Auf der Höhe der Perlenindustrie exportierten die Spanier in einem Jahr 820 Pfund Perlen und die spanischen Könige haben durch diese Perlen fast so viel Reichtum erworben wie durch den Abtransport des Goldes der Incas. Heute werden hier in der Gegend keine Perlen mehr gezüchtet. Doch es werden nach wie vor Zuchtperlen aus der Karibik, aber auch aus anderen Regionen der Welt verkauft. María fährt uns zur Joyería Botticelli, wo so viele Perlenstränge hängen und liegen, dass unsere Herzen höher schlagen. Am Mittag essen wir Cachapas, Maisschnitten, gefüllt mit Käse. Es mundet uns vorzüglich. Wir kaufen Lebensmittel ein, María fährt uns zu einem kleinen Geschäft, wo es Eier gibt und einem Supermarkt, der noch Mehl verkauft. Gewusst wo! Als wir zurück auf unserem Schiff sind, fängt mein Hals an zu kratzen und die Nase zu laufen.

   
Mittagessen in La Fuente   Herstellung von Cachapas   María beim Cachapa mit Käse


Am Dienstag hängen wir ziemlich schlapp auf dem Schiff und kurieren unsere Erkältung mit Nichtstun und lesen aus. Die Sonne lacht vom blauen Himmel und wir geniessen es, im Schatten unseres grossen Sonnendachs sitzen zu können.

Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist super unruhig mit viel Wind und Wellen. Auch den Mittwoch verbringen wir auf dem Schiff zu unserer Erholung. Martin kontrolliert, ob der Anker bei all dem Wind hält. Dem ist so. Auch das Sonnendach scheint zumindest vorläufig den Windböen stand zu halten.

   
Regenbogen über dem sonnigen Porlamar    

Am Donnerstag fühlen wir uns soweit gestärkt, dass wir beschliessen, das Museum anschauen zu gehen. Es windet immer noch kräftig und ich sitze am Steuer unseres Dinghis. Leider übersehe ich eine riesige Welle, die unser Dinghi seitlich erfasst, uns beide und unsere ganze Ware aus dem Dinghi rauskatapuliert und wir uns pitschnass im Meer wiederfinden. Nachdem Martin sich auch noch seiner Prothese entledigt hat, gelingt es uns mit vereinten Kräften, das Dinghi wieder umzudrehen. Leider landete auch der Rucksack mit unserer neuen Fotokamera im Wasser und dümpelte da eine ganze Weile, bis wir das Schiff wieder umgekehrt hatten. Wir liefern den nassen Abfall ab und fahren zurück aufs Schiff. Als erstes kommt die Prothese dran: auseinander schrauben, im Süsswasser tünkeln, trocknen, fetten und wieder zusammen schrauben. Darüber vergeht der Nachmittag. Die Fotokamera hat Salzwasser in der Linse und ist bedauerlicherweise nicht mehr zu retten. Genau so wenig wie unser Natel. Der Aussenborder kommt erst am nächsten Tag an die Reihe, da die Nacht derart früh übers Land fällt. Wir sind zum Sundowner bei der Green Coral, den Schweizern Rosemarie und Peter, eingeladen. Blöderweise müssen wir sie bitten, uns abzuholen, da der Wind so stark ist, dass sich rudern nicht empfiehlt. Peter holt uns ab und wir verbringen einen Abend bei angeregter Unterhaltund und feinem Essen – vor allem Rosemaries Tortilla ist ein Hit. Peter fährt uns auch wieder heim. Vielen Dank.

   
Nach der Dinghikenterung    

Am Donnerstag rudert Martin uns ans Ufer resp. Twight von der Stefanie Lynn erbarmt sich unser und zieht uns rein. Wir gehen mit dem Gratisbus einkaufen. Es ist aussichtlos, einen Ersatz für unsere Fotokamera zu finden, so dass wir wieder auf unser Ersatzmodel von Barbados zurück greifen. Unser australischer Nachbar Keith fährt Martin, unser Dinghy und unseren Aussenborder ans Ufer. Die beiden Männer nehmen sich der Revision des Aussenborders an, während dem ich Brot backe und den Apéro dînatoire für Rosemarie und Peter vorbereite. Als Martin immer noch im Schlepptau von Keith zurück kommt, ist mir klar, dass sie die Revision nicht fertig stellen konnten. Doch haben sie sich für Samstagmorgen verabredet, um die Arbeit zu Ende zu bringen. Immerhin konnten sie den ganzen Aussenborder Süsswasser spülen und die Zündung funktioniert noch. Das ist doch schon was. Rosemarie und Peter haben eine Zitronenroulade zum Dessert mitgebracht, die wir alle mit grossem Genuss verzehren.

Am Samstag schlafen wir aus. Das Wetter ist regnerisch und kühl. Martin und Keith nehmen den Aussenborder nochmals auseinander. Peter von der Green Coral hat uns freundlicherweise ein Stück Dichtungspapier rüber gebracht, so dass Martin die kaputt gegangene Dichtung wieder ausschneiden kann. Keith und ihm gelingt es, den Aussenborder wieder in Stand zu stellen. Judihui! Am Nachmittag machen Martin und ich eine Proberunde mit dem Dinghi im Ankerfeld. Der Motor läuft rund. Super. Abends kommt Keith zum Apéro zu uns und bringt ein paar Bier und belegte Brötchen mit. Fein. Er hat uns viel Interessantes über Kuba zu berichten. Wir freuen uns auf das Abenteuer, Kuba zu besuchen.

   
Dichtung und Wahrheit   Keith von der Stardancer III  

Am Sonntag erledigen wir unsere Weihnachtspost und backen unseren ersten Zopf. Ich mache den Teig und Martin zöpfelt ihn, wie er das vor Jahrzehnten bei seiner Berner Grossmutter gelernt hat. Wir sind ausgesprochen zufrieden mit dem Resultat. Im Lauf des Nachmittags kommt Keith schnell vorbei und holt sich ein paar Schrauben bei uns.

   
Unser erster Zopf    

Am Montag fährt uns Alex, ein Venezolaner, der hier auch auf einem Schiff lebt, zum DHL–Büro, um unsere Schreiben aufzugeben. Danach fahren wir zu dritt zum Sambil, einem Rieseneinkaufszentrum – so eine Art Glatt auf einem Stockwerk – furchtbar runtergekühlt, wo wir nochmals unser Glück wegen einer Fotokamera versuchen. Doch auch hier ist der Befund negativ. Wir kaufen Lebensmittel ein: darunter ein wunderschönes Fischfilet, welches wir am Abend in vollen Zügen geniessen. Vorher wollten wir noch bei Juan, der die Marina Juan verkörpert, Wasser bunkern, doch wartet er selber darauf, dass der Lastwagen kommt, um seine Zisterne zu füllen...

   
Standortschmarotzer   Arbeiten am Strassenrand  

Am Dienstagmorgen schauen Francis und John kurz vorbei, um sich zu verabschieden. Sie setzen Segel Richtung Isla Tortuga und danach Los Roques. Vielleicht treffen wir sie dort nochmals. Wäre toll. Wir nehmen unseren zweiten Anlauf, das Museum für zeitgenössische Kunst aufzusuchen. Diesmal gelingt es! Die zeigen eine Ausstellung von Skulpurten venezolanischer Künstler. Diverse Objekte sagen uns sehr zu. Ein Museumswärter schreitet mit uns durch die Räume, erklärt uns Objekte, stellt einen DVD für uns an und fährt uns im Lift rauf und runter. Sehr nett. Danach bummelt wir noch durch Porlamar, essen etwas Kleines und fahren per Taxi heim. Am Abend fahren wir nochmals ans Ufer, um unsere gewaschene, getrocknete und zusammen gelegte Wäsche bei Juan abzuholen. Wir kriegen alle Teile wieder plus ein zusätzliches Frottiertuch, welches wir anderntags bei Juan abliefern.

   
Una Gota Diagonal, 2007, von Carlos Medina    

Mittwoch ist wieder ein Shoppingtag, wo wir den Gratisbus von Juan nützen. Er trifft mit einer massiven Verspätung ein, trotzdem haben wir das Glück, einen Sitzplatz ergattern zu können. Wir kaufen Getränke, Gemüse und Früchte und planen, am Freitag Richtung Isla Tortuga Segel zu setzen. Als besonderen Leckerbissen finden wir grünen Spargel im Supermarkt. Wir posten einen Bund. Als wir daheim alles ausgeladen haben, fahren wir ans Ufer und bunkern Wasser bei Juan. Diesmal klappt es. Wir füllen auf dem Schiff alle Petflaschen und gehen zu einer erneuten Füllung der beiden Zehnliterkanister ans Land. Bei der zweiten Rückfahrt kreuzen wir drei brechende Wellen und sind genau so nass, wie damals, als unser Dinghi kippte... Allerdings mit weniger Umständen. Diesmal muss zum Glück nur die Leibwäsche Süsswasser gespült werden.

Für Donnerstagmorgen haben wir Diesel bunkern vereinbart mit dem kleinen Schiff, dass den Diesel an Bord bringt. Wie angedroht sind sie tatsächlich um sechs Uhr bei unserem Schiff. Wir tanken siebzig Liter Diesel und zwei Liter Benzin. Das Ganze kostet uns umgerechnet CHF 6.50. Und das bei Hauslieferdienst! Nach dem Zmorge fahren wir ans Ufer mit unseren Unterlagen, um für morgen auszuklarieren. Wir nehmen noch eine Fünfliterpetflasche mit. Doch heute haben wir wieder Pech, zwar hätte Juan Wasser, aber es gibt an Land keinen Strom, damit funktioniert die Wasserpumpe nicht und wir können unsere Flasche nicht füllen. Bei Juan treffen wir Bill und María, die heute wieder eine Gruppe für eine Inseltour zusammen haben, und verabschieden uns von den beiden. Zurück auf dem Schiff klemmen wir uns hinter den neusten Logbericht.

   
Dieselauslieferung