Logbuch
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La Gomera
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Sonntag, 4. – Freitag, 16. November 2006

Am Samstagmorgen melden wir uns im Hafenbüro und verholen Suleika als Folge davon an das Ende des Stegs D. Im Laufe des Tages verlassen unsere französischen Bekannten von Essaouira, Bénédicte und Familie, den Hafen und rufen uns zu, ihr Platz sei nun frei. Also erkundigen wir uns im Hafenbüro. Wir werden morgen einen Zehn–Meter–Platz erhalten, der von Bénédicte und Kompanie ist ein Zwölf–Meter–Platz. Ich gehe am Morgen auf dem Markt einkaufen. Die Marktstände können von einer erhöhten Galerie überblickt werden. Ein Stand mit einer wunderschönen Brotauswahl zieht mich magisch an. Siehe da: Brigitta, eine Schweizerin, mit dem Gomerianer Antonio verheiratet, verkauft die schönen Brote samt Zopf und alle mir unbekannten Früchte und Gemüse darf ich probieren. Fein. So kaufe ich eine reife Sternfrucht, kleine rote Früchtchen, deren Namen mir bereits wieder entfallen ist (leise rieselt der Kalk..), und eine spezielle Tomate, von der man nur den Inhalt essen kann und die wie eine Kreuzung von Tomaten und Passionsfrüchten schmeckt. Zudem ein spezielles Brot von Gomera, das sich durch Ziegenkäse, Tomaten und Kümmel auszeichnet. Leckere Sache.

   
San Sebastian   Calle Real  

Als wir für das Znacht nochmals zum Supermarkt spazieren, wird in der Calle Real etwas aufgebaut. Auf dem Heimweg stellen wir uns dazu und sehen uns die Modeschau unter freiem Himmel "Artemoda" an. Die einen Models bewegen sich locker und lächelnd, andere etwas steifer. Die Mode ist zum Teil sehr freizügig. Es ist mindestens so lustig, die Zuschauenden zu betrachten, wie die Models auf dem Laufsteg!

   
Modeschau   unter   freiem Himmel


Am Sonntag testen wir den Wassermacher mit selbst fabriziertem Salzwasser, da uns das Hafenwasser nicht so gelüstet... Er funktioniert! Also muss Martin "nur" den Ansaug des Salzwassers verbessern. Glück gehabt. Ich kaufe noch fürs Znacht ein und komme durch eine andere Gasse zurück als üblich. So entdecke ich einen Segelmacher.

Am Montag machen wir uns auf zum Geschäft des Segelmachers. Er ist nicht da, hat an der Tür aber seine Telefonnummer hängen. Martin ruft ihn vom Handy aus an und siehe da: auch er ist ein Schweizer. Thomas Studer, so heisst er, taucht fünf Minuten später mit dem Velo auf. Da wir die Sprayhood nicht dabei haben, kommt er später zu uns aufs Schiff. Er wird unsere Sprayhood reparieren. Zusätzlich besprechen wir mit ihm unser Design für ein Sonnensegel und er bringt eine Superidee ein: statt des von uns geplanten Reissverschlusses wird er das Segel rund schneiden, so dass Achter– und Backstag ausserhalb Platz haben. Genial! Er wird uns einen Kostenvoranschlag vorbereiten. Danach machen wir uns auf die Socken, um neue Anschlüsse für den Wassermacher zu posten. Im zweiten Anlauf finden wir die passenden Teile.

Da wir hier auf La Gomera weder Karten noch Führer kaufen können, entschliessen wir uns, in zwei Wochen nach Santa Cruz de Tenerife zu fahren und dort dann auch für die grosse Überfahrt zu bunkern. Wir versuchen, einen Hafenplatz zu reservieren, landen aber immer wieder beim Tonband. Thomas bringt uns das geflickte Sprayhood. Es sieht wieder aus wie neu. Super. Unser Hafenbüro ruft für uns beim Autovermieter an und reserviert uns ein Auto für die kommenden zwei Tage. Wir haben zwischenzeitlich den Platz gewechselt und liegen schön nahe am Ausgang für Fussgänger, allerdings ist nun das Funken nicht mehr möglich. Zu viele Masten um uns herum und zu grosse Abschirmung durch den Felsen, der das Hafenbecken so schön vor Wind und Wellen schützt. Schade... Glücklicherweise ist das Internetcafé nicht weit und auch erschwinglich.

   
Funkverhinderung    

Als wir auch am Mittwochmorgen nur das Tonband des Hafens auf Teneriffa erwischen, erkundige ich mich im Hafenbüro. Nadia ruft für mich an, kriegt eine Verbindung und reserviert uns einen Platz für zwei Wochen. Dann nichts wie los zur Autovermietung. Wir machen viele Fotohalte. Eine kleine Wanderung unternehmen wir zum Monumento al Sagrado Corazón de Jesús. Von der dortigen Terrasse hat man einen wunderschönen Blick auf San Sebastián und das Hafenbecken.

   
Vogelschau    

In Alajeró sehen wir uns die Iglesia del Salvador aus dem sechzehnten Jahrhundert an. Danach essen wir in einem lokalen Restaurant Gitzi. Das Ziegenfleisch ist ausgesprochen pikant gewürzt und fein zubereitet. Auch die Brunnenkressesuppe zur Vorspeise war lecker. Martin strahlt über seinem Entrecote mit Roquefort–Sauce und das Gemüse, das er dazu gekriegt hat, ist mit grossem Können zubereitet worden. Als wir beim Kaffee angelangt sind, füllt sich die Beiz mit allen lokalen Arbeitern. Wir sind zufällig echt gut abgestiegen.

   
Iglesia del Salvador   Berggeissen   Targa


Vom Mirador del Igualero aus schauen wir in die Tiefe des dortigen Barranco (= Schlucht). Hier haben sie eine schöne Plastik aufgestellt, die der Pfeifsprache Silbo auf La Gomera gewidmet ist. Früher, als die Gomerianer noch über kein gut ausgebautes Strassennetz verfügten, haben sie sich mittels einer Pfeifsprache, welche sie von den Afrikanern übernommen hatten, verständigt. Leider haben wir niemanden getroffen, der sich so mit einer anderen Person unterhalten hat.

   
Denkmal für die   Pfeifsprache Silbo  

Wir fahren weiter über Chipude und El Cercado bis zum vom César Manrique (!) geschaffenen Mirador del Palmarejo, wo wir natürlich einen Halt einlegen. Am Eingang hat es eines seiner wunderschönen Windspiele. Die Aussicht vom Mirador aus ist überwältigend, die Gestaltung des Restaurants gefällt uns gut, überzeugt uns aber etwas weniger, als was wir von ihm auf Lanzarote alles besichtigten.

   
Windspiel César Manrique   Mirador del Palmarejo   Blick ins Valle Gran Rey


Wir fahren nach Valle Gran Rey hinunter. Ein eindrückliches Tal. Wir besuchen de Mirador del Santo und finden die Aussicht in die letzten Sonnenstrahlen des Tages getaucht. Als wir unsere Heimreise durch den Nationalpark Garajonay antreten, ist es leider schon dunkel. Morgen müssen wir unbedingt früher losfahren.

   
Mirador del Santo    

Wir starten früh nach Hermigua und Agulo. Geniessen schöne Tiefblicke in die Barrancos, betrachten Bananenfelder und Weinberge und freuen uns über den herrlichen Sonnenschein.

   
Blick nach Westen mit Roque de Agando   Barranco de La Guancha   Hermigua


Unser Weg führt zum Besucherzentrum des Nationalparkes Garajonay. Die Ausstellung ist ausgesprochen verständlich angelegt. Leider können sie das vielgerühmte Video infolge Stromausfalls nicht zeigen... Wir fahren durch das Dorf Villahermosa und essen etwas weiter oben im Tal zu Mittag.

   
Weinbau und   Landwirtschaft   auf La Gomera


Dann halten wir bei den Chorros de Epina an. Eine Quelle, welche die Gomerianer in einen Brunnen mit sieben Röhren leiten. Wer seine Liebste finden will, muss – falls er ein Mann ist, von allen ungeraden Röhren, falls sie eine Frau ist, von allen geraden Röhren – trinken und der Lebenspartner wird sich im kommenden halben Jahr einstellen. Eine Frau, die eine Hexe werden will, soll von den ungeraden Röhren trinken. Dreimal dürft Ihr raten, von welchen Röhren ich getrunken habe. Wir halten immer wieder an und ich mache Fotos von diesem wunderschönen Lorbeerwald. Er wurde 1981 zum Nationalpark erklärt und 1986 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Der Wald ist häufig von einer dichten Wolkendecke bedeckt, so dass die Stämme mit Moos überwachsen sind und Hängeflechten von den Ästen baumeln. Dies verleiht dem Wald ein mystisches Aussehen, so dass man jederzeit damit rechnen muss, einer Elfe oder einem Waldgeist zu begegnen.

   
Mystischer   nebliger   Zauberwald


Wir unternehmen eine kleine Wanderung zum Aussichtspunkt Garajonay auf 1’487 Metern über Meer. Leider treiben auch heute Wolkendecken über den Wald, so dass die Aussicht sehr eingeschränkt ist. Trotzdem ergattern wir ein paar Sonnenstrahlen. Bis wir wieder beim Auto sind, ist die Nacht übers Land gefallen und wir machen uns auf den Heimweg. Als wir bei Suleika ankommen, hat Thomas das fertige Sonnensegel über dem Cockpit aufgespannt. Wir sind total begeistert. Nun besteht Hoffnung, dass ich dieses Mal die Karibik ohne Sonnenallergie erreichen werde. Wahrscheinlich wird Martin mich um mein schattiges Plätzchen beneiden während der Überfahrt.

   
Windschnittiges Sonnensegel   Segelmacher Thomas Studer  

Der Freitag vergeht mit kleineren Arbeiten an Bord und vielen Mails vom Internetcafe aus. Am Samstag gehen wir wieder bei Brigitta und Antonio Brot, Gemüse und Früchte einkaufen. Unser französische Schiffsnachbar Alfred hilft Martin bei einem Computerproblem weiter. Die beiden Männer sind den ganzen Nachmittag voll absorbiert, ich diene hin und wieder als Übersetzerin. Auch am Sonntag ist der Computer ziemlich programmbestimmend. Zum Dank für seinen Einsatz laden wir Alfred am Abend bei uns zum Znacht ein. Wir haben Glück: er hatte schon über ein Jahr keinen Kartoffelgratin mehr gegessen und mag den sehr.

Am Montag bringe ich die Wäsche zum Waschen, Martin kümmert sich um die neue Verschlauchung unseres Wassermachers und befreit danach unsere Anoden vom schnellen Wachstum. Ich verbringe viel Zeit im Internetcafe, um unsere Mails zu beantworten, da unser Funkmail nach wie vor still liegt. Die Wäsche ist abends bereit. Das schätzen wir. Die kommenden drei Tage gehen vorbei mit kleineren Arbeiten im und am Schiff und mit administrativen Belangen, die wir bereinigen müssen. Wir besichtigen den Torre del Conde und die Kirche, Iglesia Nuestra Señora de la Asunción, in welcher Kolumbus 1492 eine Messe lesen liess, bevor er zur Entdeckung Amerikas aufbrach.

   
Torre del Conde   Iglesia Nuestra Señora de la Asunción (Kolumbus 1492)  

Dazwischen finde ich Zeit, zur Aussichtsterrasse zu spazieren, die wir vom Schiff aus sehen, und auch noch den örtlichen Friedhof zu besichtigen. Da die drei Personen, die hier im Hafenbüro arbeiten, so hilfsbereit sind, wie noch nirgendwo sonst, posten wir für sie eine Packung Pralinés von Lindt und bringen sie vorbei. Alle drei strahlen vor Freude. Das Wetter ist eher regnerisch, aber immer herrlich warm. Die Temperaturen bewegen sich um die fünfundzwanzig Grad. Das geniessen wir.

Info zum Segelmacher für interessierte Seglerinnen und Segler:

Butterfly Service ATW
Thomas Studer
calle Virgen de Guadalupe 15
38800 San Sebastián de la Gomera
Islas Canarias
España
Tel/Fax. 0034 / 922 872 000
Mobil 0034 / 626 386 463