Logbuch
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Santa Cruz de la Palma und Überfahrt nach San Sebastian de la Gomera
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Mittwoch, 25. Oktober – Freitag, 3. November 2006

Am Morgen ist Martin mit der heruntergeladenen Software von Winlink beschäftigt und ich gehe in die Stadt, um Wein und Blumen für unsere Gastgeber zu posten. Wir sind heute bei Ruth und Heinz, den Freunden von Karin und Andreas, die auf La Palma wohnen, zum Mittagessen eingeladen. Es macht Spass, wieder mal schöne Rosen zu kaufen, für Schiffseinladungen ist das Mitbringen von Blumen nicht angesagt.... Danach machen wir einen ersten Durchlauf zum Fotos auswählen für das Logbuch. Diese Photo war das letzte Mal zuviel. Holen wir heute nach.

   
Ein Observatorium    

Heinz holt uns mit dem Auto ab. Die steile Strasse zu ihrem Haus ist ähnlich beeindruckend wie die, welche zu Karl führt. Allerdings ist diese hier besser geteert. Ruth und Heinz wohnen in einem zauberhaften Haus und die Aussicht von ihrer Terrasse ist atemberaubend. Mit grossem Genuss essen wir die letzte Passionsfrucht von ihrem eigenen Garten. Diejenigen, die ich später im Supermarkt kaufe, lassen sich nicht damit vergleichen! Sowohl der Salat als auch die Spaghetti mit Fleisch– und Roquefortsaucen sind ausgezeichnet. Ruth schiesst mit dem Dessert den Vogel ab: gebrannte Creme. Eine Köstlichkeit, die wir lange nicht mehr gegessen haben. Lieben Dank! Sie fahren uns in die Stadt zurück und ich hole auf dem Heimweg noch zwei Drittel unserer Wäsche ab. Der Rest ist erst in einer Stunde soweit. Na, werde ich zu Fuss nochmals vorbeischauen.

   
Ruth und Heinz   Ihr Haus   Traumhafte Aussicht


Am Donnerstagmorgen bringt uns Eveline mein Geburtstagsgeschenk vorbei, als wir im Cockpit beim Zmörgelen sind: eine wunderschöne selbstgemalte Karte mit Suleika drauf und einen Köder zum Fischen! Wir hatten uns mit ihnen übers Fischen unterhalten und sie waren der Überzeugung, dass wir zu grosse Köder hätten und zu wenig Leine rausgelassen haben bis anhin. Das gilt es auszuprobieren, sobald wir Santa Cruz de la Palma verlassen! Ich freue mich riesig. Wir laden die beiden für den Abend zum Pizzaessen auf Suleika ein. Martin und ich gehen ins Städtchen auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für mich. Ich hatte natürlich schon etwas vorsondiert und mich in einen Strang mit Korallenzylindern verliebt. Die deutsche Geschäftsinhaberin zieht mir eine Kette daraus auf mit ganz kleinen Silberkügelchen zwischen den Zylindern, damit sie nicht aneinander reiben. Sie versichert uns, die Teile seien nicht gefärbt – gerade das Rot fasziniert mich so, das mir atypisch vorkommt für Korallen – und auch kein Raubbau an der Natur seien und daher unbedenklich gekauft und getragen werden können. Wir posten und holen auf dem Heimweg die fertige Kette ab: ein Traum. Abends köpfen wir einen Cava zum Apero und verbringen das Essen mit angeregter Unterhaltung mit Eveline und Guido.

   
Boutique   Guido und Eveline   am Geburtstag mit Korallenkette


Anderntags stehen wir im acht Uhr kurz auf, um die Leinen der La Barraka zu lösen. Sie ziehen weiter nach Teneriffa, wo Freunde von ihnen wohnen. Danach schlafen wir noch ein wenig weiter. Wir gehen gemeinsam ins Städtchen. Bis anhin habe ich noch wenig von diesem Ort berichtet. Die Stadt war zu Zeiten nach Kolumbus, Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, äusserst wichtig. Alle Schiffe, welche nach Amerika ausliefen oder von dort kamen, machten hier halt. Der Hafen wurde zum drittgrössten des spanischen Imperiums – nach Antwerpen und Sevilla – spanische, flämische, englische und portugiesische Händler liessen sich hier nieder. Entsprechend finden sich im Stadtkern auch viele historische Gebäude, welche die Palmeros gut erhalten und pflegen, und die meisten sind auch zur Besichtigung freigegeben.

   
Casa Salazar (17. Jahrhundert)   Plaza de España   Calle Real


Man spürt im Städtchen Einflüsse von Europa, Afrika und Südamerika. Das ganze hat einen eigenen Charme. Das hier gesprochene Spanisch wurde in Aussprache und Wortschatz stark von Lateinamerika beeinflusst, genauso die traditionelle Musik und die Folklore. Auch die Architektur hat so ihre Eigenheiten. Bei den Fenstern sind Bänkchen eingemauert, so dass man gemütlich am Fenster sitzen und rausschauen kann. Selbst der Pfarrer vom Kirchturm aus lässt so seinen Blick über den Platz und seine Gemeinde schweifen. Die Balkone, die sie an den Häusern haben, sind ganz typisch für diese Gegend, eine Mischung aus spanischer und portugiesischer Architektur.

   
Typisch palmerische   Balkone  

Das ganze Leben spielt sich in einem gemütlichen Rhythmus ab. Die Palmeros kennen vermutlich keine Herzprobleme. Sie leben in erster Linie vom Bananenanbau und sonstiger Landwirtschaft und erst in zweiter Linie vom Tourismus.

   
Bananas    

Die UNESCO hat die ganze Insel zum Biosphärenreservat erklärt. Das Städtchen Santa Cruz de la Palma ist mit dem Zentrum nach innen gebaut. Gegen das Meer draussen haben sie eine riesige Mauer errichtet, dann kommt die Strasse und erst danach die erste Häuserzeile. In sicherem Abstand von den Seeräubern. Nach dem Mittagessen setzt sich Martin intensiv mit unserem Wassermacher resp. dessen Unterlagen auseinander, da er fest entschlossen ist, das Teil auf der Überfahrt nach La Gomera zum ersten Mal in Betrieb zu nehmen.

   
Schöne Fassade   Innenhof   schön dekoriert


Der Samstag vergeht wie im Flug. Martin lädt via Winlink Gribfiles, eine Form von Wetterbericht, herunter und ich maile, nähe und flicke. Am Sonntag besteht die Hauptbeschäftigung in Aufräumen und Putzen. Danach gehen wir zur Internetzone des Hafens, Martin sucht ohne Erfolg nach einer Vorhersage für die Wellen und ich finde endlich wieder mal Zeit, die letzten Gedichte von Annina in unser Bordtagebuch zu übertragen. Es regnet ohne Unterlass, so dass wir uns am Abend wieder mal ein Bollywood–DVD anschauen. Soooo schön. Auch am Montag ist es regnerisch und wir kramen ein bisschen rum. Ich schwimme ein paar Längen und abends erneut ein Boolywoodstreifen.

Da ich erfahren habe, dass Mami uns zwei Briefe hierher gesandt hat, erkundige ich mich am Dienstagnachmittag im Club Nautico danach. Die schicken mich ein Haus weiter. Das ist verschlossen, keiner da. Also gehe ich zum Hafenausgang, wo normalerweise immer ein Mann in Uniform die vorbeifahrenden Autos kontrolliert. Leider ist auch er nicht an seinem Platz. So frage ich in einem Büro einer Speditionsfirma auf dem Hafengelände. Der zeigt mir ein freistehendes Haus auf einem Plätzchen. Ich gehe dahin: alles zu, nichts angeschrieben. Also weiter zur Post. Die behaupten, die Adresse sei falsch. Ich hatte sie aus unserem Hafenführer als Absender für ein Schreiben an meine Eltern rausgesucht. Also möchte ich wissen, was sie mit Briefen mit inexistenten Adressen denn täten. Die schicken sie an den Absender zurück. Aber nicht sofort. Ich solle mich im unteren Stock erkundigen, aber der sei am Nachmittag nicht offen, morgen sei Allerheiligen und alles zu, am besten käme ich am Donnerstagmorgen wieder. Super. Der Rest des Tages vergeht mit putzen, nähen, flicken, Administration nachführen. Abends noch mal den ersten Bollywood.

   
Plaza de San Francisco   Blick über die Stadt  

An Allerheiligen prüft Martin, ob er die beiden Tridatainstrumente gegeneinander austauschen könnte. Doch leider ist dies nicht möglich. Danach schliesst er sämtliche Verbraucher der Verbraucherbatterie ans Ampèremeter an und beschriftet die Elektronik an der Schalttafel. Ich komme endlich dazu, aus den Unterlagen, die Karin mir von der diesjährigen Schmuckmesse in Basel gesandt hat, eine Collage in unserem Bordtagebuch zu erstellen. All dies nur dank dem anhaltenden Regenwetter.

Am Donnerstagmorgen pilgern wir zur Post. Wir erhalten von der Person am Schalter erneut die Auskunft, diese Adresse existiere nicht. Da mischt sich ein Kunde ein und zeigt auf dasselbe Gebäude, das mir bereits der Mann von der Speditionsfirma gezeigt hat. Also machen wir noch einen Versuch. Diesmal ist die Tür offen, wir treten ein und erklären unser Problem. Der Chef bittet uns, morgen wieder zu kommen, sie könnten dann ja mal ihr Postfach leeren gehen.... Morgen wollen wir ja weiterziehen. Als Martin insistiert, erklärt er sich bereit, schon heute das Postfach zu leeren, wir sollen uns in zwei Stunden wieder melden. Wir nutzen die Zeit um ein weiteres Problem anzugehen: meine Korallenkette färbt ab, wenn sie in den Regen kommt... Das war nicht die Meinung. Wir erklären unser Problem der Ladeninhaberin und sie ist der Meinung, dass wir unbedingt zufrieden sein sollten mit dem Schmuck, den sie verkauft. Also sehen wir uns im Laden um und finden eine faszinierende Lavakette mit einem vergoldeten Mittelteil. Schön, für den gleichen Geburtstag zweimal das Vergnügen geniessen zu können, eine Kette auszuwählen! Alle sind zufrieden und wir ziehen mit der neuen Kette von dannen. Eine Lavakette passt auch viel besser als Andenken an diese vulkanischen Inseln als die Korallenkette, deren Teile aus den Philippinen stammten! Wir trinken einen Kaffee und ich gehe nochmals checken, was nun mit unseren Briefen ist. Und siehe da, die Frau im Büro winkt mir schon von weitem mit zwei Couverts. Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Zufrieden zockle ich mit meinen beiden Briefen ab. Neugierig wie wir sind, erbrechen wir sie im Kaffeehaus. Ein Umschlag enthält einen Geburtstagsbatzen, den wir umgehend in ein wunderbares Essen auf einem schönen Plätzchen der Stadt umsetzen. Sowohl Salat, Rindsfilet wie auch Rioja schmecken ausgezeichnet. Herzlichen Dank Mami und Pa! Nach dem Essen rufe ich meine Eltern an, damit sie auf dem laufenden sind, dass die Briefe uns doch noch erreicht haben. Auf dem Heimweg zum Schiff schauen wir uns eine gestern neu eröffnete Ausstellung von Gemälden und Tonskulpturen an. Die Berlinerin, Sybille Eckhorn, stellt aus. Ansprechende Gemälde und ganz geniale Skulpturen. Wirklich schade, dass wir auf Suleika nur ein so beschränktes Platzangebot haben.

   
Zweites   Geburtstagsessen   mit Lavakette


Am Freitagmorgen um sieben Uhr dreissig verlassen wir den Hafen von Santa Cruz (und erfahren im Verlauf des Tages per Mail, dass Karin Huber per Webcam mit dabei war...). Entgegen der Wetterprognose weht kein Lüftchen.

   
Teide im Morgenlicht   Wolken, kein Wind   Schnelles Wachstum


Wir hängen den neuen Köder hundert Meter raus und Martin verschwindet im Schiffsinnern, um sich mit unserem Wassermacher auseinander zu setzen. Plötzlich rattert die Angelrute: ein Fisch an der Leine!!!

   
Welcher Fisch   hat angebissen  

Ganz aufgeregt ziehen wir den Fisch in Bootsnähe, ein rechter Apparat. Als wir die Goldmakrele bereits einen halben Meter aus dem Wasser gehievt haben, schlägt sie so fest aus, dass sie sich vom Haken befreien kann und ins Meer zurückfindet. Wir bleiben zurück mit langen Gesichtern und leeren Händen. Das lassen wir nicht auf uns sitzen. Postwendend bringen wir den Köder wieder aus. Martin müht sich weiterhin mit dem Wassermacher ab. Er funktioniert nicht gescheit. Er saugt Luft an, wo er nicht sollte. Ich warte auf unseren nächsten Fisch und siehe da: rrrrrrr macht die Spule. Diesmal lassen wir den Fisch etwas länger draussen, damit er müde wird und nicht mehr genug Kraft hat, sich vom Angel zu befreien. Dann ziehen wir ihn langsam ein. Wenn wir unsere Bücher richtig lesen, handelt es sich um eine Rauchflossenmakrele von ungefähr dreissig Zentimeter Länge. Es gelingt uns, sie an Bord zu hieven, wir töten sie mit Hilfe von Alkohol. Ich nehme sie aus, wasche und filetiere sie (so gut ich das kann...). Danach marinieren und Martin haut sie in die Bratpfanne. Ihr habt ja keine Vorstellung, wie fein ein selbstgefangener, frischer Fisch schmeckt!

   
Tja wer sagt’s denn   Festschmaus  

Nach dem Essen hängen wir den Köder gleich wieder raus. Unterwegs sehen wir zwei Schildkröten und von weitem ein paar Delphine. Der fast Vollmond schwebt über dem Teide auf Teneriffa. Herrliche Ausblicke bieten sich uns. Als wir nach neunzehn Uhr die Hafenmole erreichen, ist es bereits dunkel. Wir hatten uns am Vortag telefonisch für achtzehn Uhr angemeldet und als wir funken, wir kämen, ist der Marinero auch schon bereit und informiert und zeigt uns eine Box, in der wir die Nacht verbringen können. Sicher müssen wir morgen zügeln, aber für heute ist der Platz perfekt.