Logbuch
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El Jadida und Essaouira
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Montag, 4. – Freitag, 15. September 2006

Am Montag laden wir Ahmed zu uns an Bord auf einen Drink ein. Da wir in seinem "Livre d’or" gelesen haben, dass er sich auch der Wäsche annimmt, fragen wir ihn danach. Er nimmt unsere Wäsche an sich und nennt keinen Preis... Wir verbringen den Tag auf Suleika und haben uns für das Nachtessen mit unserem Nachbarn Eric verabredet. Wir gehen in ein französisches Lokal, welches er auch schon besucht hat, wo man sogar Wein zum Essen trinken kann. Wir bestellen ein Hackfleischtajine und trinken dazu eine kühle Flasche marokkanischen Rosé. Wir unterhalten uns sehr angeregt, spazieren zu unseren Schiffen zurück und schlafen ausgezeichnet.

   
Eric    

Wir stehen früh auf, da heute der Tag ist, wo wir mit Ahmed und unserem Mietauto einen Ausflug aufs Land zum Couscousessen machen. Ahmed bringt eine grosse Tasche mit, die wir unterwegs noch abliefern werden. Zuerst laden wir einen Sohn, Tibari, der Familie auf, die wir besuchen gehen. Dann zu viert auf den Souk, wo wir Gemüse, Fleisch und Couscousgriess posten. Der Sohn kauft noch Trauben und einen Hocker aus Plastik. Mit dieser Gugelfure ziehen wir los. Wir fahren echt übers Land. Die Strasse ist einspurig, aber auch entsprechend wenig befahren. Auf der ganzen Länge ist ein Graben ausgehoben. Die Gegend soll demnächst mit Wasser und Strom versorgt werden! Ahmed liefert seine Tasche unterwegs ab und wir versuchen, uns mit Tibari zu unterhalten. Er zeigt uns Fotos auf seinem Natel von seiner Mutter, seinem Vater, den Kühen, Katzen und Pferden. Leider spricht er nur sehr wenig Französisch. Er ist Patissier von Beruf. Bei Sarah und Bouchaïb angekommen, tischen sie uns in einem Raum, der speziell für europäische Gäste mit Sofas ausgestattet wurde, Quellwasser und Trauben auf. Wenig später gibt es selbstgebackenes Brot und selbstgemachte salzige Butter, dazu servieren sie einen ganz frischen Tee mit Pfefferminze. Soooo fein. Wir schauen uns den Hof an. Im einen Stall hat es Kühe, Kälber und Schafe. Daneben hat es eine Box für das Pferd mit seinem Füllen. Auf dem Hof leben ausserdem zwei Hunde und eine Katze, auch Enten spazieren friedlich rum.

   
Auf dem Land   Stall  

Nach dem Rundgang setzen sich die Männer in den kühlen Raum auf den Boden, wie es sich gehört, und ich werde eingeladen, Sarah beim Couscous kochen zu helfen. Martin kommt auch mit in die Küche, aus Neugier und um das Ereignis fotografisch festzuhalten. Das gekaufte Korn wird in eine grosse, weite, flache Tonschale geschüttet. Sarah gibt Wasser dazu und die Körner werden eine ganze Weile rhythmisch rouliert. Danach kommt das Ganze in ein Sieb, das auf dem offenen Feuer über den Topf gestülpt wird, in dem das Fleisch und das Gemüse kocht.

   
Hier wird gekocht   Sarah, die Meisterköchin   Sarah mit zwei Töchtern


Nach einer Weile nimmt sie das im Dampf gegarte Griess wieder runter. Erneut in die flache Schale, diesmal mit Wasser und Öl versetzen, wieder roulieren. Zurück aufs Feuer. Später wieder in die Schale, wieder mit Wasser versetzen und roulieren. Nach dem dritten Mal nochmals zum Garen in den Dampf und dann wird das Mahl angerichtet. Wunderschön auf einer Riesenplatte. Auf einem kleinen Teller gibt es einen Abklatsch des Ganzen für Sarah und die beiden Töchter.

   
Na wer sagt’s denn ...   Göttliches Couscous   Wieder mal bei Tisch


Ich habe die Ehre, aus der grossen Schale in der Stube mit den Männern zu essen. Wir versuchen, das Couscous auch von Hand zu essen, aber das ist uns definitiv zu heiss. So bekommen Martin, Bouchaïb und ich je einen Suppenlöffel, was die Sache ungemein erleichtert! Das Essen ist göttlich.

   
Bouchaïb, der Herr des Hauses    

Ahmed geht nach dem Essen eine kranke Nachbarin besuchen und wir ruhen aus, trinken noch einen Tee. Danach blasen wir zum Aufbruch, da wir vor der Rückgabe des Autos noch im Supermarkt einkaufen wollen. Wir bringen den Sohn zu seiner Arbeitsstelle und fahren nachher zum Supermarkt. Wir kaufen Mineralwasser, Bier und Coca Cola im grossen Stil, damit die Schlepperei für eine Weile Pause hat. Gemeinsam mit Ahmed bringe ich das Auto zurück, was problemlos über die Bühne geht.

Anderntags ist Martin total erkältet von der Klimaanlage im Auto. Mir macht meine Verdauung immer noch ziemlich Mühe. Eric schaut noch auf einen kurzen Schwatz vorbei, er wird heute El Jadida verlassen und nach Mohammedia segeln. Als er aufbricht, ruft er uns, so dass wir ihm winken können, als er den Hafen verlässt. Ich maile, schreibe Fotos an und Martin flickt das Stromkabel mit Tape. Ansonsten nehmen wir es ruhig. Am Nachmittag kommt ein neues Schiff mit einer französischen Familie. Wir halten einen kleinen Schwatz mit Olivier, Bénédicte und ihren drei Kindern, Zoé, Sébastien und Violette. Sie sind seit zwei Monaten auf dem Schiff, Olivier hat ein Jahr Vaterschaftsurlaub erhalten, welches sie für ein Segeljahr nutzen.

Am Donnerstagmorgen bringt uns Ahmed unsere Wäsche tiptop gewaschen und schön zusammengelegt zurück und nennt sogar einen Preis für diese Dienstleistung. Martin stellt fest, dass wir über Nacht einen Fender eingebüsst haben. Wir informieren Ahmed und Rachid darüber, welche sich umschauen werden. Am Nachmittag sehen wir uns die Cité Portugaise an. Früher umgeben von Wassergräben, die heute zum Teil aufgefüllt sind, war dieser Stadtteil wirklich uneinnehmbar!

   
Citi Portugaise   Unbezwingbare Festung (Aushungern möglich)  

Wir machen auch einen Rundgang durch die Byzantinische Zisterne mit ihren fünfundzwanzig Pfeilern, die einen rund, die anderen viereckig, welche das Deckengewölbe tragen. Hier herrscht eine mystische Atmosphäre, welche die Phantasie jedes einzelnen anregt.

   
Mystische Zisterne   Gewölbetragende Säulen  

Danach erklimmen wir draussen die Zitadelle und schauen uns den Turm an, von welchem aus die marokkanischen Jungen ins Wasser runter springen. Ein Höhenunterschied von gut zwanzig Metern... Die Aussicht auf das Meer, den Hafen und die Stadt ist bezaubernd.

   
Kühne Sprünge   Sicht auf den Club Nautico und Suleika  

Am Freitag tausche ich Bücher mit den Franzosen, Martin berechnet unsere nächste Etappe. Ahmed fragt nach den Fotos, welche wir auf dem Land gemacht haben. Ich schneide Martin die Haare und wir haben jede Menge Zuschauer vom Hafenrestaurant aus. Danach gehen wir in die Stadt, lassen ein paar gute Fotos entwickeln, fahren per Taxi in den Supermarkt, wo wir versuchen, das Depot des gläsernen Leergutes zurückerstattet zu erhalten. Die Stelle, wo das Glas abgegeben werden kann, hat nur bis vierzehn Uhr offen. Das haben wir erfolgreich verpasst. Auch braucht man den Kassenzettel, da sonst die Buchhaltung nicht stimme... Zu guter Letzt geben wir uns Glas einfach so ab... Zurück in der Stadt gehen wir ins Internetcafé, um die Wetterlage zu studieren. Der Wind ist uns günstig und wir beschliessen, am Samstag loszusegeln.

Rachid bringt uns drei grosse Kanister mit Wasser, damit wir das Deck schrubben können, bevor es los geht. Die Putzerei ist dringend nötig, da die französische Familie immer über unser Deck marschieren muss, wenn sie ans Land gelangen will. Wir legen eine Viertelstunde später als geplant ab. Leider ist vom vorhergesagten Wind nichts zu sehen. So motoren wir. Zweimal kommt eine ganze Gruppe Delphine zu unserem Schiff und spielt mit unserem Bugwasser. Die Tiere verströmen eine Lebenslust und –freude, das ist etwas Einmaliges.

   
Verspielte   Reisegefährten  

Wir verbringen eine ruhige Nacht, sehen die ganze Zeit kein einziges anderes Schiff. Am Sonntagmorgen ist strahlendes Wetter. Wir motoren friedlich vor uns hin und treffen auf ein kleines Fischerboot mit drei Fischern drin. Sie halten einen Fisch in die Höhe, wir sind aber zu müde und wenig motiviert, um einen Preis zu feilschen. Als die drei dann aber deuten, sie hätten gerne Zigaretten, tauche ich in den Bauch von Suleika und hole drei Zigaretten. Sie kommen längsseits, nehmen die Zigaretten dankbar in Empfang und geben mir dafür den ungefähr achtzig Zentimeter langen Meeraal, den sie in die Höhe gestreckt haben. Tja, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich dem Fisch anzunehmen. Martin steuert Suleika, da unser Autopilot nicht mehr funktioniert, ich nehme den Fisch aus, tranchiere, wasche und mariniere ihn. Danach setzen wir Segel, da zwischenzeitlich Wind aufgekommen ist. Zum Zmittag gibt es gratinierten Meeraal. Echt lecker und in einer Quantität, dass keiner hungrig vom Tisch gehen muss...

   
Meeraal für drei Zigaretten   Sofort ausnehmen   und essen


Wieder kommt eine Gruppe Delphine, um mit Suleika zu spielen. Wir fahren gemäss Anweisung im Hafenbuch in den Hafen von Essaouira ein, der Wind pfeift uns ganz gewaltig um die Ohren. Wir werden sowohl von den Behörden als auch von Mustafa sehr freundlich empfangen und sinken bald müde in die Koje.

Am Montagmorgen mache ich mich auf den Weg, um Brot fürs Morgenessen zu posten. Der erste Eindruck der Stadt ist ein sehr angenehmer. Nachmittags zwingen die Verdauungsprobleme Martin auf dem Schiff zu bleiben und ich mache eine erste Erkundungstour im Alleingang.

   
Im Hafen von Essaouira   Im Souk  

Es gibt viele Läden und fast ebenso viele Touristen, die Stimmung ist entspannt und angenehm. Ich werde von einem blutjungen Alibaba in seine Höhle zu einem Tee eingeladen. Wir plaudern ein wenig. Er erzählt mir das Blaue vom Himmel. Habe ein Medikament für Martin gepostet und kehre zum Schiff zurück. Unsere Bootsnachbarn, ein Schwede mit seiner spanischen Freundin, zeigen uns auf dem Stadtplan, wo wir die Touristeninfo finden können, da der Beschrieb im Hafenführer nicht korrekt ist.

Wir haben morgens um zehn Uhr mit Mustafa abgemacht, dass er unseren zehn Liter Bidon mit Wasser füllt. Das klappt bestens. Dann schauen die Hafenbehörden vorbei und fordern uns auf, ihr Büro aufzusuchen. Wir dachten, die hätten wir schon gesehen, aber das waren nur die Polizei und der Zoll... Ich schaue mit den Papieren vorbei, alle sind ausgesprochen freundlich und zuvorkommend. Nachmittags suchen wir die Touristeninfo auf, kaufen einen Stadtplan, posten Gemüse und Fleisch und essen was Kleines in der Stadt. Da sie uns in El Jadida beim Gemüse kaufen einmal versucht haben, den vierfachen Preis zu verlangen, bin ich etwas vorsichtig geworden. Als ich den Kilopreis für die Kartoffeln anzweifle, hängt der Gemüseverkäufer ganz beleidigt die Schiefertafel mit den Preisen besser sichtbar auf. Ich habe nur ein Problem: ich verstehe kein Arabisch!!! Um achtzehn Uhr haben wir unsere Nachbarn Anders und Estefánia zum Apero eingeladen. Wir unterhalten uns gut mit ihnen und tauschen unser Wissen über die Stadt aus.

   
Anders und Estefánia    

Dienstag findet unser erste grosse Stadttrip statt. Unterwegs spricht mich eine Frau an für ein Henna Tattoo. Ich blättere die beiden Heftchen durch, eines mit Motiven für die Touristen, eines mit traditionellen, finde aber mein Glück nicht. Da sagt die ältere Frau, die mich angesprochen hat, wenn ich was Traditionelles möchte – was ich bereits früher bejaht hatte – solle ich mich auf die Kunst der jungen Frau, welche die Hennamalerei aufträgt, verlassen. Gerne schenke ich der attraktiven jungen Frau mein Vertrauen und werde reichlich belohnt. Martin und ich sind vom Resultat absolut begeistert.

   
Ein Henna–Tattoo entsteht   Ein Kunstwerk!  

Dann schlendern wir weiter, zu den Holzschnitzern, wo wir eine Schale für die Tomaten erwerben wollen. Wir finden ein traumhaft schönes Stück aus Nussbaumholz, welches wir auch noch kräftig runter handeln. Wir flanieren durch das Schmuckviertel und mir fallen beinahe die Augen aus dem Kopf, was da alles in den Auslagen zu finden ist. Zurück im Hafen beschliessen wir, mal auf den Quai gegenüber unserem Anlegeplatz zu schlendern. Wenn wir auf dem Schiff sind, hören wir ein stetes Gehämmer und haben uns schon gewundert, was das ist. Mich erinnert es ans Goldschmieden... Von nah betrachtet, stellt Martin fest, dass sie mit leichten Eisenstücken auf die rostigen Eisenteile einhämmern, um so den Rost zu lösen, und das andere nach ihnen dann mit Schleifpapier den losen Rost entfernen. Wir machen ein paar Fotos von unserem Liegeplatz, die beiden anwesenden Motorboote stören die Idylle ein wenig.

   
Suleika in Essaouira    

Wir messen unseren Dieselstand und beschliessen, noch hundert Liter zu tanken. Dafür engagieren wir Mustafa. Sein Kollege, Hassan, stellt uns vier dreissig Liter Bidons zur Verfügung. Ein junger Bursche fährt die leeren Bidons zur Tankstelle und die vollen zurück zu uns. Unsere Pumpe funktioniert wunderbar, der Diesel ist von guter Qualität. Mustafa versorgt uns nochmals mit Trinkwasser. Danach gehen wir in die Stadt. Im Souk halten mich drei einheimische Frauen in Djellabas gekleidet an und betrachten alle meine Hand. Ich kriege ein grossen Kompliment für meine Hennamalerei. Die drei wissen auch sofort, dass es von der jungen Frau bei der Kasba stammen muss. Freut mich! Dann kaufen wir einen dieser wunderschönen Teekrüge aus Inox. Da unser Teekrug aus Pyrexglas ist, hatten wir sowieso geplant, vor dem grossen Sprung über den Teich einen Ersatz zu besorgen, und die Teekrüge hier haben den Vorteil, dass man sie auch direkt selber aufs Gas stellen kann. Wir schauen nochmals bei unserem Holzschnitzer vorbei und erkundigen uns, ob er uns einen Armreif aus Thujawurzelholz mit dem passenden Innendurchmesser besorgen kann. Seine Mission ist erfolglos. Dafür unterhalten wir uns zwischenzeitlich mit einem Maler, der im Holzgeschäft Bilder malt. Er spricht mit dem Holzschnitzer und führt uns dann zu einem Holzkünstler, der auch Armreife macht. Wir bestellen einen Holzarmreif. Dies wird der erste Armreif sein, den man mir auf Mass gemacht hat. Ich bin ja soooo gespannt. Wir flanieren über die Kasba und betrachten das bewegte Meer.

   
Abends auf der Kasba   Faszinierende Aussicht  

Am Morgen mache ich mich auf die Suche nach einer Wäscherei mit vernünftigen Preisen. Die erste, bei der ich anfrage, will acht Dirham pro Wäschestück. So käme unsere Wäsche auf mehr als zwanzig Euro zu stehen, was mich viel dünkt. Bei der nächsten Wäscherei ist das Angebot für die gleiche Menge fünfundachtzig Dirham, was acht Euro fünfzig entspricht. Dort bringe ich unsere Wäsche hin. Ich bringe einen Brief auf die Post und schaue mir das Museum, das gleich neben der Post liegt, an. Dort haben sie Schmuck, Teppiche, Holzmalerei, Holzarbeiten, Instrumente und Kostüme aus der Gegend ausgestellt. Vor allem eine Holzarbeit aus dem Neunzehnten Jahrhundert hat es mir angetan. Ein wunderschönes Stück mit eingelegtem Silberdraht. Wirklich einmalig. Nachmittags putzt Martin die Elektroden und ich schreibe am Bericht. Um siebzehn Uhr können wir den bestellten Armreif abholen. Er ist ein Traum! Ein Designerstück, sehr sorgfältig ausgeführt und passt wie angegossen. Wir feiern den Erfolg bei einem Thé à la menthe auf dem Hauptplatz.

   
Der Künstler, sein Werk und das Modell   Design pur in Thujawurzelholz