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Logbuch Seite 36 |
Lagos und Marokko |
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Freitag, 11. – Dienstag, 22. August 2006 |
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Zu Beginn ein kleiner Nachtrag zum letzten Logbucheintrag. Da die Ohrringe – das
erste auf der mit Lötkolben ausgerüsteten Suleika hergestellte
Schmuckstück – in der Zwischenzeit die Geburtstagsfrau erreicht haben,
können wir nun ein Foto davon veröffentlichen.
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Ohrringe aus Sulkeikakollektion |
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Vierhändig gelötet |
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Am Freitagmorgen ziehen wir los zum Shipchandler und kaufen eine neue Gasflasche, ein
Inox–Vorhängeschloss als Ersatz für das Schloss, das wir nicht mehr
vom Rost befreien konnten, sondern mit dem Wantenschneider aufknackten.. sowie ein
neues Bleigewicht zum Fischen (vielleicht nützt es ja was). Nachmittags flanieren wir
durch Lagos und lädelen wie echte Touristen. Ein herrliches Gefühl. Danach
revidieren wir eine Winsch. Als wir so draussen im Cockpit sitzen, stellen wir fest, dass
Ebbe und Flut zur Zeit im Hafen sehr ausgeprägt sichtbar sind. Zum Abendessen
geniessen wir ein superfeines Stück Rindfleisch.
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Ebbe |
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und Flut |
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Samstag ist Markttag. Wir posten frische Früchte und Gemüse, haben diesmal
auch den Fotoapparat schussbereit und fangen ein paar Marktszenen ein. Früchte und
Gemüse unterscheiden sich nicht so stark vom Marktangebot daheim in Oerlikon.
Allerdings die lebendigen Hühner, Kaninchen und Enten sind wir uns weniger
gewohnt. Am Nachmittag gilt es, drei weitere Winschen zu revidieren. Danach kaufen wir
auch noch im grossen Supermarkt in Hafennähe ein, was wir auf dem Markt nicht
kriegten.
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Buntes |
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lebendiges |
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Markttreiben in Lagos |
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Am nächsten Tag heisst es wieder mal Wäsche waschen. Martin zerlegt in
dieser Zeit die Winsch am Mast vorne. Eindeutig heikler in der Handhabung, da sie ja
schräg und weit weg vom Deck am Mast montiert ist. Es fallen zwar zweimal Teile
runter, bleiben aber zum Glück auf Deck liegen. Ich assistiere ihm beim
Zusammenbauen, da vier Hände dazu nicht zuviel sind. Zum Znacht kochen wir uns
– motiviert durch einen Brief von Mami – heimatliche Käseschnitten.
Montags hören wir neue Wetterberichtstationen als Vorbereitung für den
Sprung nach Marokko. Da werden wir keine von der Marina ausgedruckten Wetterberichte
mehr vorfinden und müssen uns dann selber helfen. Bei Radio France Internationale
und Radio Monaco haben wir guten Empfang. Am Nachmittag besuchen wir das
Internetcafé und dürfen beide eine ganze Stunde an je einem Computer
bleiben, da es wenig Leute hat. Genial.
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Anderntags schlafen wir ausgiebig aus und nehmen das Morgenessen im Cockpit ein. Kaum
alles verräumt, werden wir vom Steg gegenüber angerufen. Die Temptation ist
eben eingelaufen! Was für eine Überraschung. Mit Chris und Fritz Voss sind
wir seit einem knappen Jahr im Emailkontakt, ohne uns persönlich zu kennen. Wir
planten, uns auf den Kanaren kennen zu lernen. Da sie keine guten Winde hatte um ihr
Wunschziel, Madeira, zu erreichen, sind sie etappenweise weiter nach Süden gesegelt.
Uns fehlte der Wind um nach Marokko überzusetzen, so dass wir uns jetzt treffen.
Wir laden sie umgehend auf ein Ankerbier ein und es ist, als ob wir alte Freunde
träfen. Sooo schön. Chris und Fritz gehen in die Stadt, während dem
Martin Suleika abspritzt und ich seine Jeans flicke. Danach putze ich alle Luken und die
Fenster der Sprayhood. Das war dringend nötig und wir geniessen den frisch
gewonnen Durchblick! Zum Sundowner sind wir auf der Temptation eingeladen. Da lernen
wir auch die Bordkatzen kennen: Flocke, eine alte, blinde Perserkatze und Mea, eine echte
Kartäuser. Der Abend zu viert ist super gemütlich.
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Chris und Fritz auf der Temptation |
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mit Flocke |
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und Mea |
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Dienstagmorgen nähe ich einen Netzsack für die Orangen und Martin arbeitet
am Computer. Den ganzen Tag regnet es immer wieder und es ist ziemlich kühl.
Gemäss Aussage des portugiesischen Bootnachbars von Chris und Fritz kommt beides
in der Algarve im Sommer NIE vor... Wir laden Chris und Fritz zu einem Apéro ein
und sind wieder mal total motiviert, unsere Schinkengipfel zum Besten zu geben. Also
nichts wie los zum Einkaufen der Ingredienzien. Der Blätterteig ist wie immer eine
Überraschung. Diesmal kommt er aus Frankreich und ist hauchdünn. Zu
unserem Erstaunen ist das für die Schinkengipfel sehr gut geeignet und unsere
Backkunst wird von Chris und Fritz geschätzt. Wir verbringen einen angeregten
Abend mit guten Gesprächen.
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Schinkengipfeli |
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Produktion |
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Am nächsten Morgen sind Fritz und Martin auf Suleika mit dem Computer
beschäftigt und ich mache mich auf den Weg zur Temptation, um mit Chris zu
schwatzen. Zwar halte ich sie vom Logbuchbericht schreiben ab, doch stört sie das
wenig. Nach einem Salat auf Suleika zum Zmittag ziehe ich mit der Kamera in die Stadt.
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Forte Ponta da Bandeira |
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und daneben der Strand |
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Fotomodell |
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Danach suche ich den Friedhof auf. Er ist riesig mit eindrücklich vielen
Steingräbern. Zwischen den Gräbern gibt es fast keinen Platz zum Gehen und
alles ist ziemlich sandig und staubig. Es gibt auch eine Abteilung von gefallenen Soldaten
und lange Wände voller Urnengräber.
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Friedhof von Lagos |
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Hauptgasse |
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und Grabstein |
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Der Freitag ist den letzten Vorbereitungen gewidmet, da aufgrund der Wetterlage klar ist,
dass morgen die Suleika nach Marokko und die Temptation Richtung Madeira ablegen. Am
Morgen regnet es heftig, so das richtige Wetter um den Haushalt auf Vordermann zu
bringen. Ich koche zwei Essen vor – zum Glück hat Martin daran gedacht, dass
wir das tun wollten vor grossen Schlägen – damit wir dann nicht Verhungern,
falls das Meer unruhig ist (dann macht Kochen nämlich definitiv keinen Spass).
Martin putzt in dieser Zeit das Tridata. Eine Muschel hat sich dort gemütlich
eingerichtet, deshalb hatten wir keine Geschwindigkeitsanzeige auf dem Weg vom
Ankerplatz zurück nach Lagos. Wir machen das Schiff abfahrtsbereit. Um 19h00 sind
wir von Chris und Fritz auswärts zum Essen eingeladen. Im ersten Stock in einem
Restaurant in Hafennähe essen wir gegrillte Garnelen mit Knoblauch und danach noch
jeder einen Taschenkrebs. So lecker haben wir auf unserer ganzen Reise noch nie gegessen.
Ganz lieben Dank Chris und Fritz! Auf dem Heimweg trinken wir noch einen Kaffee mit
Brandy und dann nichts wie ab ins Bett, schliesslich ist morgen ein grosser Tag.
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Küche der Fischbeiz |
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Chris und Fritz mit Knoblauchgarnelen |
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Verfressene Bande |
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Frühe Tagwache. Ich kaufe noch frisches Gemüse und Früchte auf dem
Markt ein. Wir verabschieden uns herzlich von Chris und Fritz. Mit der gleichen
Brückenöffnung laufen beide Schiffe aus. Wir halten bei der Capitania noch an,
weil wir unsere Pässe stempeln lassen müssen, da wir Europa verlassen! Auch
füllen wir noch unseren Tank mit Diesel und dann geht es los, hinaus aufs offene
Meer. Der Himmel hat noch ein paar Wolken, doch fahren wir denen zusehends davon.
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Europa ade |
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Am Mittag kommt Wind auf und wir können Segel setzen. Das Meer ist sehr bewegt.
Abends nach 19h00 – 100 Kilometer vom Land entfernt – paddelt eine
einsame Schildkröte an unserem Schiff vorbei. Ganz gemütlich erklimmt sie
die Wellenkämme und lässt sich auf der anderen Seite wieder runtertreiben.
Wir haben – wie immer – die Fischerrute draussen und hoffen auf einen Fang.
Plötzlich fängt sie zu rucken an. Ein Fisch, ein Fisch, rufe ich, folge dem Silch
mit meinen Augen und stelle fest: wir haben unseren Windgenerator an der Angel
;–(. Martin kappt den Silch, damit nicht noch mehr Meter auf den Windgenerator
aufgewickelt werden und kann den Köder retten. Fürs erste stellen wir das
Fischen nun ein. Schade. Zum Glück funktioniert der Windgenerator trotzdem noch.
Da haben wir ja noch Schwein gehabt.
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Sonnenuntergang auf offenem Meer |
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Vor dem Wind |
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Die ganze Nacht ist das Meer unruhig, dafür haben wir sehr wenig Schiffsverkehr und
der Wind ist herrlich zum Segeln. Wir kommen gut voran. Am Sonntag sehen wir im
Abstand von mehreren Stunden nochmals zwei Schildkröten, allerdings schwimmen
die nicht so nah am Boot vorbei wie die erste. Das Wetter ist strahlend, der Wind ist uns gut
gesinnt. Ich sehe mal einen Fisch springen. Wir flitzen ganz zufrieden Richtung Afrika.
Auch die zweite Nacht gibt es auf meiner Wache nicht viele Schiffe. Martin hat eine Phase,
wo sich gleichzeitig fünf Schiffe abzeichnen. Dann ist man immer froh, wenn man
erkannt hat, in welche Richtung die einzelnen Schiffe steuern und ob sie unserem Kurs nahe
kommen oder nicht.
Am Montagnachmittag erreichen wir Mahommedia gegen 16h00. Wir werden sehr
freundlich empfangen und bekommen einen Platz am Schwimmponton zugewiesen. Kaum
haben wir die Leinen festgemacht, ist auch schon der erste Maritimpolizist an Bord. Nach
einer kurzen Pause erscheinen die Zivilpolizei, der Zoll und die Hafenbehörde in
Form von drei Männern. Es gibt ein paar Formulare auszufüllen und der
Kapitän muss unterschriftlich bestätigen, dass wir weder Waffen noch
Munition an Bord haben. Sie nehmen unsere Pässe und die Schiffspapiere mit. Auch
macht uns der nette Mann von der Hafenbehörde darauf aufmerksam, dass wir den
Hafen per Funk hätten anrufen sollen. Leider fehlte ein entsprechender Hinweis in
unserem Hafenführer. Alle sind ausgesprochen höflich und zuvorkommend.
Eine Weile später bringen sie uns die Pässe mit Passagierscheinen
zurück. Die Passagierscheine brauchen wir, um den Hafen verlassen zu können
und uns auszuweisen, falls jemand danach fragt. Wir sind viel zu müde, um noch am
gleichen Tag Mohammedia anzuschauen. Früh legen wir uns in die Koje und
geniessen es, die ganze Nacht ohne Unterbrechung schlafen zu können.
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Um sechs Uhr geht die Sonne auf und eine Stunde später stehen wir auf. Wir machen
uns zu Fuss auf den Weg in die Stadt. Der Hafenpolizist, welcher uns die Passagierscheine
gebracht hat, fährt uns mit seinem Auto zur Bank, da er gesehen hat, dass Martin
nicht so gut zu Fuss ist. Da wir viel über Bakschisch gelesen und uns extra mit zwei
Stangen Zigaretten ausgerüstet haben, bieten wir ihm ein Paket Zigaretten als Dank
an. Er lehnt das höflich ab. Auf der Bank hat es jede Menge Leute und eine
Riesenkolonne. Martin erkundigt sich, ob wir am richtigen Ort anstehen und kriegt den Tipp,
auf die Post zu gehen, da sie dort auch Geld wechseln und es weniger Leute hat. Wir machen
uns also auf die Suche nach der Post. Dort hat es zwar weniger Leute, dafür ist das
Ganze ziemlich chaotisch. Wir erkundigen uns, welche Schalter Geld wechseln. Stehen an
einem der genannten an. Werden von dort zu einem anderen Schalter geschickt, wo Martin
in Erfahrung bringt, dass der Mann, der Geld wechselt, jetzt nicht da ist und also auch kein
Geld gewechselt werden kann. Zurück zur Bank. Ich reihe mich in die Warteschlange
und Martin setzt sich auf einen der Stühle für Wartende. Nach geraumer Zeit
sind wir im Besitz unserer ersten Dirhams. Auf dem Weg zur Kasba (befestigter Stadtteil)
kehren wir ein und essen ein Plat garni mit Merguez. Echt fein. Danach erkunden wir die
Kasba, kaufen Früchte und Brot ein und machen uns mit einem Petit Taxi auf den
Heimweg. Die Eindrücke von unserem ersten Stadttrip sind vielfältig.
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Mmmh! |
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Tor zur Kasba |
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Marktstand |
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Wir haben vereinzelt verschleierte Frauen gesehen bis hin zu den jungen Marokkanerinnen,
die genau wie bei uns in knallengen Jeans und knappen T–Shirts gekleidet gehen.
Allerdings gibt es auch bei den Jungen viele, die traditionell gekleidet sind, was ihnen
– aus unserer Sicht – besser steht und ihnen eine eigene Eleganz verleiht.
Zurück auf dem Schiff kümmern wir uns um unseren Windgenerator. Wir
montieren die Flügel ab und befreien die Welle von meterlangem Silch. Dies gelingt
uns zu etwa achtundneunzig Prozent. Wir hoffen, dass der Windgenerator keinen bleibenden
Schaden genommen hat.
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