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Logbuch Seite 28 |
Immer noch in Gibraltar |
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Montag, 10. – Sonntag, 23. April 2006 |
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Montags unternehmen wir einen erneuten Versuch, zu unserer Post zu kommen. Gemeinsam
fragen wir bei den Hafenbehörden nach. Da stellt sich heraus, dass die Pakete, anders
als die Briefpost, nicht in den Hafen geliefert werden, sondern an einer besonderen
Paketpoststelle abgeholt werden müssen. Im weiteren erfahren wir, dass die ganze
Post zuerst nach England geschickt wird, bevor sie hier in Gibraltar ankommt. Beide Punkte
bringen doch etwas Licht in die Angelegenheit. Ich mache mich also auf den Weg zur
Paketpost. Dort teilen sie mir mit, dass kein Paket für uns vorhanden sei. Ich stelle
mich auf den Standpunkt, dass ich sicher bin, dass mindestens zwei, wenn nicht drei
Päckli hier sein müssen. Frustiert zottle ich von dannen. In der Zwischenzeit
hat Martin einen Anruf erhalten, dass meine Linsen in La Linea abholbereit sind. Das sind
gute Neuigkeiten. Also spaziere ich wieder mal über das Flugfeld, über die
Grenze und kann meine Kontaktlinsen in Empfang nehmen. Dazu kriege ich ein
Döschen, einen Aufbewahrungs– und einen Reinigungssaft geschenkt. Das ist
unglaublich! Ich freue mich riesig und bedanke mich herzlich.
Offenbar hat mein Besuch bei der Paketpoststelle den Stau gelöst. Am Dienstag
bekommen wir bei der Hafenbehörde zwei Slips, das sind Scheine, die das Abholen
eines Pakets ermöglichen, von Paketen, die schon seit sieben resp. sechs Tagen auf
der Post angekommen sind.... Wir gehen in die Stadt unsere Pakete abholen. Das eine sind
die Bücher von Ulla und das andere Basler Läckerli von Frank und Christine.
Wir freuen uns wie die Kinder an Weihnachten!!! Am Abend gibt es Besuch von Deborah
und Brian. Er bringt eine selbstgemachte Pizza mit. Soooo fein. Auch unser selbstgemachtes
Guacamole mit den Maischips und ein paar Basler Läckerli zum Dessert finden
grossen Anklang. Wir verbringen einen ausgesprochen gemütlichen Abend zu viert.
Aufgrund von Brians Anregung probieren wir am nächsten Morgen das Wireless LAN
aus, das hier im Hafen angeboten wird. Es ist uns aber einerseits zu langsam, andererseits ist
auch der Empfang in der Suleika drin – wegen dem Aluminium – sehr
schwach und draussen an der Sonne erweist sich die Entzifferung, was auf dem Bildschirm
zu sehen ist, als ausgesprochen mühsam. Also verzichten wir und werden weiterhin
bei dem Nordafrikaner ins Internetcafé gehen. Gegen Mittag spaziere ich nach La
Linea zum Einkaufen. Als ich nachmittags auf der Hafenbehörde wegen Post
vorbeischaue, erwartet mich ein Riesencouvert von Karin mit Zeitschriften von der Basler
Schmuckmesse drin (genial – ich konnte sie ja dieses Jahr nicht beim Besuch der
Schmuckmesse begleiten) und ein weiterer Slip aus Deutschland. Ich begebe mich
unverzüglich zur Paketpost und kann eine DVD von Annina in Empfang nehmen. Wir
freuen uns mächtig über die Überraschung. Nachher heisst es noch ein
wenig haushalten. Muss auch sein. In der Wäscherei tausche ich noch ein Buch gegen
eine DVD "Addicted to Love" mit Meg Ryan. Eine witzige
Liebeskomödie in New York, wie wir später feststellen werden.
Am Donnerstag machen unsere finnischen Nachbarn ihr havariertes Schiff bereit, um es in
der Sheppards Marina an Land zu nehmen und flicken zu lassen. Da sie den Motor nicht
gebrauchen können, weil das Thunfischnetz, in das sie gefahren sind, die Schraube
kaputt gemacht hat, haben sie hinten draussen provisorisch einen Aussenborder montiert und
tuckern so gemächlich aus dem Hafen. Ä bösäs Luäge!
Für uns ist es ein Gewinn, dass dieses Riesenschiff nicht mehr neben uns steht, da
funktioniert unser Funkradio wieder um Grössenordnungen besser. Wir kaufen noch
eine feine Leine, damit wir dann unseren Cockpitsichtschutz – so er dann fertig wird
– befestigen können und einen Haken fürs Badezimmer. Als wir unseren
Führer von Portugal und der spanischen Atlantikküste abholen wollen, ist das
Geschäft bereits zu. Richtig, heute ist ja Gründonnerstag. Auf dem Schiff ist es
ein Leichtes, die Übersicht über Arbeits– und Feiertage zu verlieren...
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Am Karfreitag bläst der Wind uns so kühl um die Ohren, dass wir drinnen
frühstücken. Martin arbeitet am Computer und ich lese ein wenig. Um 17h00
starten wir zu viert, Deborah, Brian, Martin und ich, zu Fuss nach La Linea, da wir eine
Karfreitagsprozession miterleben möchten. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten
– auf unserem Stadtplan haben nicht alle Strassen einen Namen – finden wir
die Kirche, von welcher die erste Prozession startet. Es haben sich schon jede Menge Leute
davor versammelt und es ist herrlich, diesen Querschnitt durch die spanische
Bevölkerung zu betrachten! Die Personen, die in grünen Gewändern an
der Prozession teilnehmen werden, sind bereit. Da der Himmel aber noch bedeckt ist und es
unklar ist, ob es demnächst zu regnen anfangen wird, verzögert sich der
Abmarsch. Wir beobachten das rege Treiben. Nachdem eine Weile verronnen ist, startet die
Prozession. Sie tragen ihren Jesus am Kreuz auf einer riesigen Trage, die über und
über mit roten Nelken geschmückt ist. Zu einem eigentümlichen
Trommelrhythmus bewegen sich die tragenden Männer mit ihren schweren Last
rhythmisch balancierend vorwärts. Nachdem wir dem Start aufmerksam gefolgt sind,
gönnen wir uns ein Bierchen in einer nahegelegenen Bar. Dort werden die
örtlichen Prozessionen am Fernseher übertragen.
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Alles wartet auf die Prozession |
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Die Teilnehmenden sind bereit |
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Es geht los |
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Als wir ausgetrunken haben, kommt die nächste Prozession vorbei. Diesmal sind die
Teilnehmenden in violette Gewänder gekleidet und ihr Jesus hängt am Kreuz
über einem Meer von blauen Lilien. Auch nehmen junge Frauen in schwarz gekleidete
Spitzen mit eindrücklich geschnitzten Stöcken am Umzug teil. Zum Teil sind
sowohl die Träger der Jesusstatue als auch die Frauen, die hinter der Trage mitlaufen,
barfuss. Ob dies wohl an die Leiden von Jesus Christus erinnern soll? Soviel Neues
aufzunehmen macht hungrig. Deborah erkundigt sich bei einem Einheimischen nach einer
guten Tapasbar. Da er wohl den Eindruck hat, wir hätten ihn nicht genau verstanden,
führt er uns gleich persönlich hin. Die Tapas sind traumhaft und einmal mehr
können wir beobachten, wie spanische Familien mit Kind und Kegel bis spät in
der Nacht in Restaurants essen und plaudern. Auf dem Heimweg werden wir von einem
Hagelschauer überrascht und suchen unter einem Zitrusbäumchen Schutz. Bei
stetem Regenfall überqueren wir die Grenze und die Piste und kommen, klatschnass
und zufrieden, um Mitternacht bei unseren Schiffen an. Es war ein gelungener Anlass.
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Schon kommen die nächsten |
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Schöne Frauen |
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Schwere Last |
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Samstag mache ich meine Einkäufe dies– und jenseits der Grenze. Gemeinsam
machen Martin und ich einen erneuten Versuch, unseren Kompass von der
Steuersäule abzuschrauben. Diesmal mit Erfolg! Allerdings muss Martin auch hier
feststellen, dass die Nullstellung des Steuerrads nicht geht, da die zwischen zwei
Zahnradlücken wäre... Pech. So montieren wir das Kabel für die
Kompassbeleuchtung neu, schrauben alles wieder fest und wissen nun immerhin, wie das
Innere unserer Steuersäule aussieht. Am Ostersonntag nehmen wir es
gemütlich. Ich schreibe ein paar Briefe und Martin richtet das
Navtexempfangsprogramm am Computer ein. So können wir weitere Wetterberichte
erhalten, wenn wir keine Hafenbehörde in der Nähe haben. Eine gute Sache.
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Innereien unserer Steuersäule |
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Der Metaxa geht zur Neige |
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Am Ostermontag erheben wir uns zeitig, da wir Deborah und Brian die Leinen lösen
wollen, die heute nach Smir, Marokko, weiterziehen. Aber das Wetter macht ihnen einen
Strich durch die Rechnung. Die Winde sind viel zu heftig, so dass sie ihre Abreise um einen
Tag verschieben müssen. In Spanien ist der Ostermontag kein Feiertag, da die ganze
Woche vor Ostern, die Semana Santa, frei ist. So bringe ich meine Briefe drüben auf
die Post. Bin allerdings nicht alleine mit meiner Idee. Es hat eine lange Schlange vor den
Schaltern. Die anderen hatten wohl auch Zeit, ihre fällige Korrespondenz zu
erledigen. Aber ich habe ja Zeit. Martin ist am Nachmittag noch mit dem Funk
beschäftigt und ich beginne mein neues Buch von Peter von Matt "Die
Intrige" zu lesen. Faszinierend. Abends schauen wir uns das erste Mal die DVD an,
welche uns Annina geschickt hat, "Before night falls". Ein Film über den
kubanischen Schriftsteller Reinaldo Arenas. Die Szenen, in welchen die Kubaner Feste
feiern, machen uns definitiv noch mehr Lust, nach Kuba zu segeln, als wir eh schon hatten!
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Brian kommt kurz vor dem Ablegen noch zu uns rüber und macht Fotos von uns und
Suleika. Dann wird es ernst mit ihrer Abreise. Wir lösen ihnen die Leinen und
winken. Schade, dass wir die beiden verabschieden müssen. Aber das gehört
auch zum Reisen. Wir gehen in die Stadt und essen heute, auf meinen ausdrücklichen
Wunsch, Fish and Chips zum Zmittag. Ich habe diese Menü noch nie genossen und da
es hier überall angeboten wird, muss ich es doch mal probieren. Ich hatte ja keine
Ahnung, dass es überhaupt möglich ist, Fisch so fettig zuzubereiten. Na ja, jetzt
bin ich um eine Erfahrung reicher. Bei der Upholstery erkundigen wir uns nach unserem
Cockpitsichtschutz. Er hat das falsche Material geliefert bekommen, so dass es noch eine
knappe Woche dauern wird.
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Chinook, |
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Deborah |
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und Brian ade |
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Fish ’n’ Chips |
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Am Mittwoch gehen wir zum ersten Mal gemeinsam auf den Wochenmarkt in La Linea und
werden fündig: Martin kauft sich einen Sonnenhut und ein neues T–Shirt und
ich finde einen schönen Sommerjupe, der unbedingt mit muss. Martin gefällt
das Gewusel auf dem Markt genauso gut wie mir. Hier wird Ware angepriesen, in Haufen
gewühlt und gekauft. Wir finden auch noch einen Stoff, mit welchem ich eines
unserer Kissen im Salon überziehen werde: Buntes Gemüse. Nach dem
Marktbesuch gehen wir nochmals in die uns bereits bekannte Tapasbeiz und geniessen die
Calamares und den Pulpo mit einem feinen Glas Rotwein. Anschliessend wollen wir unseren
Hafenführer abholen. Wir erfahren, dass er frühestens anfangs Mai geliefert
werden wird.... Da müssen wir uns was einfallen lassen. Sonst können wir hier
nicht weg.
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Markt in |
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La Linea |
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Neuer Hut und neues Shirt |
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Neben uns liegt – wieder – das britische Schiff "Rhoda", das
schon hier war, als wir ankamen und dann für drei Wochen nach Smir, Marokko,
segelte. Wir fragen Vater Brian und Sohn William an, ob sie den Portugalführer
besitzen, da sie diese Küste runtergekommen sind. Sie leihen und das Buch aus, so
dass wir uns für die nächsten zwei, drei Häfen schlau machen
können. Bis wir dann in Sevilla sein werden, sollte die Neuausgabe des Führers
wohl erhältlich sein. Wir machen einen echten Touristentag, lösen eine
Tageskarte für die Buslinien in Gibraltar und fahren mit jeder Linie einmal von
Endstation zu Endstation und steigen an einem Knotenpunkt um. Zuerst besuchen wir den
Europa Point. Da zieht es ganz kräftig und wir sehen – einmal mehr –
das Atlasgebirge von Marokko. In Both Worlds, quasi hinter dem "Rock", gibt
es wenig zu sehen. Dafür ist die Aussicht vom Moorish Castle fantastisch. Schade,
dass das Castle selbst nicht zugänglich ist wegen Renovationsarbeiten. Wir
können gratis ins Naturreservat wandern, weil wir zu Fuss gekommen sind und sie in
einer halben Stunde schliessen. Wir erklimmen die Höhen bis zu der Gedenkplatte,
dass hier im Jahr 1954 die Queen und ihr Mann über Gibraltar blickten. Eine
königliche Aussicht sozusagen. Auf dem Runterweg begegnen wir unseren ersten
Affen. Es sieht so aus, als ob sie von einem Ausflug in die Stadt zurückkämen
und wieder in den Naturpark zurückkehren, wenn die Touristen endlich das Feld
räumen.
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Leuchtturm Europa Point |
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Mit Blick auf das Atlasgebirge |
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Königliche |
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Aussicht |
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Blick auf Algeciras |
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Marina Bay und Flugpiste |
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Suleika in Marina Bay |
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Unser erster Affe |
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Am Freitag schlendern wir etwas in Gibraltar herum. Internetcafébesuch ist
angesagt. Wir kaufen noch zwei, drei kleine Dinge beim Shipchandler. Zurück auf
dem Schiff montiert Martin noch den neuen Haken im Badezimmer und ich flicke seine
Jeans, die Marokkofahne, die wir von unseren finnischen Nachbar geschenkt gekriegt haben,
weil in ganz Gibraltar keine käuflich erhältlich ist, und dann nähe ich
noch den neuen Kissenüberzug. Zum Znacht gibt es einen Wildspargelrisotto.
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Buntes Gemüse |
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Am Samstag backen wir wieder mal unsere Schinkengipfel, da Brian und Will von der
Rhoda zu Besuch kommen. Die Dinger klaffen während des Backens auf und sehen
ziemlich wild aus. Aber geschmacklich sind sie voll überzeugend und verschwinden
entsprechend rasch im Verlauf unseres Gesprächs. Zuerst sitzen wir draussen im
Cockpit, doch als immer mehr dicke, graue Wolken die Sonne verdecken, wird es so
kühl, dass wir uns in den Schiffsbauch zurückziehen und das Öfelchen
anwerfen. Gemütlicher Abend zu viert. Am Sonntagmorgen weckt uns das trauliche
Geräusch von den auf das Schiff fallenden Regentropfen. Gut, so komme ich endlich
dazu, den längst fälligen Logbuchbericht zu verfassen. Danach können
wir die Fotos dazu aussuchen und alles vorbereiten, um es an Dorothee zu versenden.
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