Logbuch
Seite 20
Barcelona und weiter gen Süden
<< Seite 19
Seite 21 >>
Dienstag, 3. – Mittwoch, 11. Januar 2006

Heute wäre eigentlich unser letzte Tag in Barcelona. Da aber das von meiner Mutter gesandte Weihnachtspäckli im Hafen noch nicht angekommen ist, beschliessen wir, unseren Stadtaufenthalt um einen Tag zu verlängern. Wieder einmal widmen wir uns dem Internetcafé und würden anschliessend gerne in "unserer" Beiz La Concha zu Mittag essen. Fehlschlag: das Lokal ist heute geschlossen. Wir finden eine gute Alternative und verhungern – einmal mehr – nicht. Mit dem Bus fahren wir zur Plaça Espanya. Ich besichtige den Pavillon Mies van der Rohe. Dieser Pavillon wurde 1929 für die Weltausstellung in Barcelona erstellt und nach der Ausstellung 1930 abgebaut. Mehr als fünfzig Jahre lang war der Pavillon verschwunden und wurde zwischen 1983 und 1986 auf Initiative der Stadtverwaltung von Barcelona wiederaufgebaut und zwar am selben Ort, wo er ursprünglich gestanden hatte. Es handelt sich um ein schlicht wirkendes Gebäude aus Travertin, grünem und onix–doré Marmor, Metallrahmen und Glas. Wesentlich zur Faszination trägt die Skulptur "Der Morgen" von Georg Kolbe bei, welche im Wasser steht. So ein Pavillon würde uns auch gefallen zur Erweiterung unseres Häuschens an der Wannenholzstrasse.

   
La Mercè   Plaça Espanya   Pavillon Mies van der Rohe

Weiter gehen wir zum Museum der katalanischen Kunst und bestaunen das Gebäude und die wunderschöne Parkanlage. Als Tüpfchen auf dem i spielt ein Lateinamerikaner Panflöte, überträgt die Musik durch einen Lautsprecher auf die ganze Anlage, was sehr zur guten Stimmung beiträgt. Bedauerlicherweise laufen die Wasserspiele nicht. Was muss dass erst für eine Augenweide sein!

   
Nationalmuseum der Katalanischen Kunst   Sicht vom Museum aus   Fabelwesen

Auch am nächsten Tag fehlt von unserem Weihnachtspäckli jede Spur. Wir geniessen noch einmal die Innenstadt Barcelonas, essen diesmal im La Concha und kehren aufs Schiff zurück, wo Martin auch bleibt, da sein Knochengestell schon ziemlich unter dem vielen Herumlaufen gelitten hat. Ich nutze die Gunst der Stunde und fahre mit dem Bus zur Kirche Sagrada Familia. Dieses Bauwerk von Gaudí hat mich schon bei unserem letzten Barcelonabesuch in seinen Bann geschlagen. Auch diesmal kann ich mich kaum davon trennen. Ich spaziere zum Schiff zurück und geniesse ein letztes Mal die breiten Strassen von Barcelona.

   
Moderne Architektur   Gasse in Barcelona   Sagrada Familia, Portugal

   
Alt und neu   Am Wahrzeichen wird gebaut   Abendstimmung in Barcelona

Wir stehen früh auf, vereinbaren mit der Capitanía von Port Olímpic, dass sie das Päckli behalten – so es denn kommt – und ziehen weiter nach Aiguadolç. Der Himmel ist bedeckt und es regnet den grössten Teil unserer Reise. Nicht gerade optimal, aber wir können es nicht ändern. Wieder einmal passt unser Stecker nicht für den Landstrom und wir müssen das Ende der Siesta abwarten, bis wir von der Hafenbehörde den korrekten Stecker mieten können. Ein Mitsegler macht uns darauf aufmerksam, dass am Abend ein Dreikönigsumzug stattfindet bei der Iglesia Parroquial. Martin ist die Strecke dahin zu weit, so dass ich allein losziehe. Die ganzen Familien haben sich hier gegen 19h00 eingefunden. Die Kinder tragen rote, gelbe und grüne Lampions. Die Kirche wird mit Lichtspielen in den wildesten Farben bedeckt, Feuerwerke erhellen den Nachthimmel, Musik beschallt die versammelte Menge und als Höhepunkt schreiten die heiligen drei Könige durch die Menge, nehmen – wie bei uns der Samichlaus – Briefe von kleinen Kindern entgegen und erklettern dann mittels einer Bockleiter je ein überdimensionales, mechanisch betriebenes Kamel und ziehen von dannen. Ein herrliches Spektaktel! Auch vor der Capitanía ist eine Krippe aufgestellt und die heiligen drei Könige, hoch zu Kamel, werden je von einer Person zum Jesuskind geführt.

   
Port Olímpic ade    

Als wir aufwachen, hören wir wie der Regen aufs Deck prasselt und beschliessen, einen Ruhetag einzulegen. Martins Körper ist wie zerschlagen von den Stadterkundigungen in Barcelona und ich habe Halsweh und einen fürchterlichen Schnupfen, so dass ich das Gefühl habe, das Hirn laufe mir aus L. Wir machen einen Tag in der Hütte mit Haare waschen, sonstiger Körperpflege und Brot backen. Zum Znacht essen wir frisches Brot mit dem Jamón, den wir in den Markthallen von Barcelona erstanden haben. Fein!

   
Jamón – da lacht uns das Herz im Leib    
Da es auch am nächsten Tag regnet, als wir aufwachen, verlängern wir unsere Pause im Hafen von Sitges (Aiguadolç). Als das Wetter etwas schont, machen wir uns zu Fuss auf die Socken und gehen im Dorf einkaufen. Sitges erinnert uns an gewisse Dörfer im Bündnerland, die nach unserem Geschmack auch etwas allzu sehr herausgepützelt sind. Hier verkehrt wohl die Haute Volée von Barcelona. Die Preise, sowohl für den Hafenplatz als auch in den Restaurants, sind entsprechend gesalzen. So einen schweren Rucksack wie nach diesem Einkauf habe ich schon lange nicht mehr geschleppt... Heute ist der 7. Januar und als wir an der Capitanía vorbeikommen, stellen wir fest, dass jemand die heiligen drei Könige, ihre Kamele und Führer umgedreht hat und dass sie sich jetzt wieder vom Jesuskind weg bewegen. Hier hat die biblische Geschichte noch Anteil am Alltag! Am Sonntag haben wir eigentlich den Drang weiterzuziehen. Doch ein mächtiger Hagelschauer belehrt uns eines besseren und wir verbringen den Tag mit Fotos anschreiben, Lesen und gemütlich haben.

   
Statue in Sitges   Altstadt vo Sitges   Sitges

Am Montagmorgen trennen wir uns von den letzten Smeraldinapetflaschen von Sardinien. Zu schade. Kein anderes Land produziert formlich und farblich so schöne und zudem noch sehr stabile Petflaschen. Aber die Hygiene gebietet, dass wir die auch mal ersetzen. Leider. Ich erkundige mich in der Capitanía, wie der Chef das Wetter sieht. Seine Antwort: die Fischer arbeiten und es hat Dünung. Die Frau, mit der ich die Abrechnung vornehme, warnt mich vor der Dünung und erkundigt sich, ob wir im nächsten Ort lange bleiben werden. Als ich ihr erkläre, dass wir relativ zügig weiterziehen, da die Atlantiküberquerung unser Ziel ist, bemerkt sie, dass in diesem Fall die Dünung für uns kein Problem sei. So war es dann auch. Bei schönem Wetter motoren wir also nach Torredembarra. Kaum angekommen läutet das Handy: Port Olímpic meldet, dass das Paket eingetroffen sei! Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Als ich herausgefunden habe, dass Torredembarra einen Bahnhof hat, mache ich mich schnellstmöglich auf die Socken, um in Barcelona unser Paket abzuholen. Martin bleibt auf dem Schiff. Die Zugfahrt ist herrlich. Manchmal ganz nahe am Meer unten, zeitweise über der Küste schwebend. Auch sehe ich nun mal die enorme Besiedelung der spanischen Küste von der anderen Seite aus als von Suleika aus. Als ich heimkomme ist Martin gerade am Kochen. Nach dem Essen packen wir das Päckli aus, freuen uns an der schönen Karte, den superdicken Bettsocken, damit wir keine kalten Füsse mehr haben werden in der Zukunft und schmausen ein paar der herrlichen, von Mami gebackenen, Weihnachtsguetzli. Mami, tausend Dank, es ist ein voller Erfolg!

 
Wahrzeichen von Torredembarra   Schiffsleben



Da das Wetter sich wieder verschlechtert hat, beschliessen wir, erneut einen Ruhetag einzulegen. Wir posten und brutzeln uns zum Zmittag Butifarras. Allen, die Schweinsbratwürste mögen, sei diese katalanische Bratwurst empfohlen. Uns hat sie ausgezeichnet geschmeckt und es ist sicher nicht das letzte Mal, dass eine solche Wurst den Weg in unsere Kombüse gefunden hat. Am Nachmittag gehen wir auf der Capitanía in den ersten Stock. Dort können wir Bücher tauschen und haben gratis Zugriff zum Internet. Martin hängt sich ins Netz und ich mich in die Bibliothek. Ich ergattere zwei wunderschöne grosse Bildbände über Design des 20. Jahrhunderts und kann nicht widerstehen. Martins Hinweis, dass ich mich dann wieder von den schönen Büchern trennen muss, ist korrekt, trotzdem schleppe ich sie aufs Schiff und freue mich riesig darüber. Zum Znacht leisten wir uns eine Pizza in der Pizzeria im Hafen.

Am Mittwoch fahren wir bei sonnigem Wetter weiter nach Cambrils. Dort hoffen wir, eine Freundin meiner Mutter zu treffen, die in Barcelona wohnt und in Cambrils ein Ferienhaus hat. In Barcelona hatten wir sie leider nicht erwischt. Das Dorf Cambrils gefällt uns ausgezeichnet. Es hat sehr viele schöne Geschäfte für Lampen, Kleider, Schmuck und Brillen, oder was einem sonst noch so interessieren könnte. Ich erreiche Hedy telefonisch in Barcelona! Wir haben uns also elegant verpasst. Ein Jammer! So ziehen wir anderntags weiter nach L’Ametlla de Mar. Strahlender Sonnenschein schon am frühen Morgen. So haben wir es gerne. Nach knapp drei Stunden beschliesst Martin, uns eine Suppe zu kochen, doch ich rufe ihn wieder an Deck, eine schöne Brise schreit nach segeln. Wir hissen die Segel und flitzen über das Wasser. Martin ist mit der Windfahnensteuerung beschäftigt und ich nehme mich der Suppe an, als ein neuer Trimm angesagt ist. Als das Manöver vorbei ist, hat die Suppe übergekocht und ich stelle fest, dass wir dabei sind, in einem Affenzahn an unserem Zielhafen vorbeizuschippern! Segel runter, Suppe reingewürgt und ab in den Hafen. Jetzt liegen wir an einem sicheren Plätzchen und werden bald die Hafenbehörden und den Ort unsicher machen.

   
Liegeplatz Cambrils   Zmittag an Deck   mit Aussicht auf Cambrils

   
Ankunft in L’Ametlla de Mar