Logbuch
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Silvester und Neujahr in Barcelona
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Donnerstag, 15. Dezember 2005 – Montag, 2. Januar 2006

So, endlich melden wir uns wieder mal. Aber Barcelona ist so anregend und Dorothee, unsere treue Seele in Zürich, welche die Logbucheinträge aufs Netz bringt, ging zum Skifahren über die Festtage, was sie wohl verdient hat, so dass es jetzt an der Zeit ist, ein wenig zu berichten, wie es uns ergangen ist.


Wir besuchen in Sète das Espace Georges Brassens. Das Museum ist gut gemacht. Am Eingang erhalten wir Kopfhörer, über die wir die Stimme von Georges Brassens hören und in jedem Raum erzählt er etwas, was thematisch zu den ausgestellten Fotos, Plakaten, Gedichten und Chansons passt. Einmal spricht auch seine Lebensgefährtin und ist auf Video zu sehen. Am Ende des Durchgangs geben wir die Kopfhörer ab und sehen uns noch eine Aufzeichnung eines seiner Konzerte an. Herrlich, die ZuhörerInnen im Stil der 70er Jahre gekleidet zu sehen. Nach dem Museum suchen wir noch sein Grab auf. Georges Brassens lebte von 1921 bis 1981 und seine Lebensgefährtin, Püpchen, starb 1999. Beide sind im Familiengrab der Brassens beerdigt.

   
Suleika in Sète   Kanal in Sète   Vollmond im Hafen von Sète


Der nächste Tag ist dem Internetcafé und dem Einkauf gewidmet. Auch im grössten Einkaufszentrum von Sète finden wir leider keinen Ersatz für unseren vor zwei Tagen gesprungenen Teekrug. Während ich nach dem Znacht das Wasser für den Abwasch koche, kommt unser Plastiklöcherbecken an den Wasserkessel und einer der beiden Griffe schmilzt, lange blaue Fäden ziehend ... Martin macht den beschädigten Griff mittels eines Feuerzeugs so weit gebrauchstauglich, dass wir uns daran nicht verletzen können.

Am Samstag widmen wir uns unserer Weihnachtspost, ist ja auch höchste Zeit, schon der 17. Dezember 2005! In einer Brocante finde ich wunderschöne schwarze Glasperlen aus der Zeit von 1900 bis 1910. Der Grundstock für eine Perlensammlung zum Kettenmachen ist gelegt. Ganz kann ich meinen Sammeltrieb auch auf dem Schiff nicht verleugnen ;–) Der Sonntag geht vorüber mit Waschen, Busausflug und – seit wir auf dem Schiff leben – mit unserem ersten Kinobesuch. "Le Tigre et la Neige" von und mit Roberto Begnini. Nicht ganz so schön wie sein "La Vita è bella".


Am Montag verlassen wir Sète. Wir motoren bei schönstem Sonnenschein nach Cap d’Agde. Am Horizont sehen wir die Pyrenäen, der Schnee, der auf ihnen liegt, glänzt wunderschön von der Sonne beleuchtet. Im Hafen angekommen, sind sich nicht alle einig, wo wir nun liegen sollen. Beim dritten Umparkieren hilft uns der Chef des Hafens, parkiert ein Fischerboot um, so dass wir genügend Platz haben und leiht uns auch seinen eigenen Landstromanschluss, da wir am Pier für grosse Schiffe liegen und unser Anschluss für Privatjachtenpiers ausgelegt ist.

   
Martin beim Geniessen    

Am Morgen stellen wir fest, dass das Wasser draussen im Schlauch gefroren ist. Zum Glück konnten wir heizen... Zu Beginn unserer Weiterreise segeln wir ein wenig, aber der Wind will nicht so recht und wir nehmen erneut den Motor zu Hilfe. Zum ersten Mal haben wir ohne Kappe und Handschuhe genug warm. D.h. ich trage nur noch Unterwäsche, T–Shirt und langärmeliges Herrenhemd, Strümpfe und Seidenpullover, Kniesocken und Wollpullover, dicke, von Mami handgestrickte Wollsocken, Faserpelzhosen und –jacke und darüber das Ölzeug. Na, das ist doch schon ein Fortschritt! In Gruissens angekommen, machen wir uns auf die Socken, um das Dorf zu besichtigen. Sie sind hier sehr kunstorientiert und der Hügel, auf dem die Burgruine steht, ist ein herrlicher Aussichtspunkt. Auch gibt es im Dorf selber einen kleinen sympathischen Supermarkt, wo wir alles finden, was unser Herz begehrt.
Mittwoch früh, als wir aufstehen, scheint die Sonne strahlend, aber es ist bitterkalt. Das Deck ist gefroren und wir gehen vorsichtig ans Werk. Auch heute bleibt es bei einem kurzen Segelversuch, worauf wir nach Port Leucate vorwiegend motoren. Port Leucate ist eine dieser französischen Küstenstädte, die im Winter Geisterstädten gleichen. Als wir unseren Platz zugewiesen bekommen, funktioniert der Landstrom nicht. Das wird repariert, hält bis ca. 19h30. Eine zweite Reparatur erfolgt und irgendwann in der Nacht fällt der Strom erneut aus. Wir stehen auf bei 6 Grad Celsius Raumtemperatur. Ein eigenes Vergnügen. Hat allerdings auch Vorteile: das Kondenswasser an den Luken tropft nicht runter, sondern ist festgefroren. Wir rufen die Nummer, welche angeblich Nachtdienst hat, an um 6h15 morgens. Aber es meldet sich keiner... Und unterwegs können wir uns ja auch nicht aufwärmen. Als ich unsere Rechnung begleichen gehe, beschwere ich mich ruhig, aber bestimmt über diese Zustände. Sie geben uns 30% Rabatt auf den Übernachtungspreis. Mit Heizung wäre uns mehr geholfen gewesen ...

   
Gruissens von der Burgruine aus   Am Kunstpavillon in Gruissens  

Heute ist der Himmel verschleiert und es weht kein Lüftchen. Wir motoren nach Port Vendres. Hier liegt der Hafen mitten in der Stadt. Zauberhaft und praktisch. Wir flanieren durch die Strassen, erfreuen uns am Hafen und geniessen die angenehme, saubere und sympathische Stadt. Anderntags wollten wir ursprünglich bis nach Llonçà, wo es ein Dalì–Museum hat. Da aber das Wetter ausgesprochen gut ist und das Cap nach Llonçà bei unguter Witterung sehr unangenehm sein kann, beschliessen wir kurzfristig, bis nach Empuriabrava zu fahren. Unsere erste Station in Spanien! Als wir bei schönstem Wetter der Küste entlang motoren, begrüssen uns zwei Delphine in den spanischen Gewässern. Wenn das kein gutes Omen ist! Der Hafen von Empuriabrava liegt mitten in einer spanischen Feriensiedlung. Doch hier sind die Häuser sympathischer, man spürt bereits den arabischen Einfluss. Überall sind schöne Balkon– und Balustradengeländer zu sehen. Die Leute im Hafen sind äusserst zuvorkommend, der Marinero, der uns anlegen hilft, spricht ausgezeichnet Deutsch. Zuerst sind wir überrascht, doch können wir kurz darauf feststellen, dass hier schon seit Jahren sehr viele Deutsche ansässig sind. Wir nehmen den Ankerdrink draussen an der Sonne. Ist schon lange nicht mehr vorgekommen. Ich hole den Wetterbericht ab und stelle fest, dass ich grosse Teile des Vokabulars nicht kenne und unser Dictionnaire auch nicht!

   
Ankerdrink in Port Vendres   Suleika in Port Vendres  

   
Fischerhafen ...   ... und Yachthafen in Port Vendres  

Am 24. Dezember 2005 motoren wir nach El Estartit. Auch diese eine Hafenstadt, die uns sehr zusagt. Als ich mich hier nach dem Wetterbericht erkundige und – da mir das langsam schwante – nachfrage, bestätigt mir die Frau von der Capitanía, dass es sich um Katalanisch handle! Als ich gerne eine spanische Version hätte, erklärt sie mir, dass hier alle Katalanisch können und daher keine spanische Version existiert! Es gibt eine französische Kurzversion. Also setzen wir uns mit Katalanisch auseinander. (Frohe Weihnachten heisst auf Spanisch Feliz Navidad und auf Katalanisch Buon Nadal, nur so, als kleines Muster). Anschliessend gehen wir für das Weihnachtsessen einkaufen und nehmen den Ankerdrink anschliessend in einer Hafenbar, draussen am Sonnenschein. Und das an Weihnachten! Zur Feier des Tages gibt es Champagner und Lachs zur Vorspeise. Der zweite Gang besteht aus Kartoffelgratin und Entrecôtes. Zum Dessert gibt es spanische Schokoladekugeln mit Kokosnussfüllung. Die kommen natürlich nicht an Mamis Weihnachtsguetzli ran, sind aber auch nicht zu verachten. Am Sonntag ziehen wir weiter nach Palamós. Der Platz, den sie uns zuweisen, können wir nicht nehmen, da der Steg kaputt ist und das Schiff nicht gescheit vertäut werden kann. Also suchen wir uns einen freien Platz in der Nähe. Ich besichtige kurz die Stadt. Sehr schön, doch ist an diesem Feiertag alles geschlossen. Selbst die gotische Kirche, die ich gerne von Innen besichtigt hätte. Kann man nichts machen.
   
Empuriabrava   Weihnachten   ... auf Suleika

   
Verlassen von El Estartit   Heisser Zmittag   Plastik in Palamos

Am Stephanstag motoren wir nach Blanes. Leider können wir weder per Telefon noch über VHF jemanden von diesem Hafen erreichen. Normalerweise melden wir uns immer an, da es für alle Betroffenen angenehmer ist, wenn sie wissen, dass wir kommen und wir sicher sein können, auch einen Platz zu finden. Langsam tuckern wir ins Hafenbecken. Schon pfeift uns ein Marinero und weist uns an einen traumhaften Platz. Auch hier sind wir im Hafen beinahe im Herzen der Stadt. Wir erhalten zwei Leinen vom Hafen, um hinten anzubinden und zwei (!) Mooringleinen, um Suleika vorne festzubinden. Luxus! So gut vertäut liegen wir echt selten. Ein angenehmes Gefühl. Schon vom Schiff aus sahen wir den Markt an der Strandpromenade, so dass wir gleich losziehen, kaum ist Suleika gut angebunden. Wir sind etwas spät dran, die meisten sind am Zusammenräumen. Es ist ein ausschliesslicher Kleidermarkt, aber wir lieben es, die Märkte zu besuchen. Anschliessend gehen wir in eine Bar und geniessen unsere ersten Tapas und Paëlla. Sooooo fein. Ziemlich müde gehen wir früh schlafen.

   
Der Hafen von Blanes    

Anderntags stehen wir zeitig auf. Wir kriegen einen Rabatt auf unseren Liegeplatz, was sehr freundlich ist von den Leuten. Bei grauem Himmel und zeitweisem Nieselregen motoren wir weiter nach Mataró. Gemäss unserem Liegeplatzführer keine allzu sympathische Stadt. Auch wir kommen zum Schluss, dass weder die Marina noch die Stadt unserer Wellenlänge entsprechen. Wir rufen in Barcelona im Port Vell an, um einen Liegeplatz zu reservieren. Antwort: "Nada de nada". Keine Chance. Also versuchen wir unser Glück im Port Olímpic und kriegen telefonisch einen Platz zugesichert bis am ersten Januar 2006. Na, eigentlich wollten wir eine ganze Woche, aber das ist immerhin etwas.

Am Mittwoch stehen wir früh auf und können sogar einen Teil der zurückzulegenden Strecke segeln. Ganz selten blinzelt auch die Sonne ein wenig durch die Wolkendecke. Im Port Olímpic gehen wir zu zweit zur Capitanía, um unsere Aufenthaltsdauer zu verhandeln. Die Vorsicht erweist sich als unnötig. Ohne Umstände weist sie uns einen Platz bis am 4. Januar 2006 zu. Glück muss der Mensch haben! Wir essen Spaghetti an Bord und machen uns dann auf die Socken zum nächstgelegenen Supermarkt. Auch posten wir hier eine spanische Prepaidkarte, da unser Guthaben der französischen Nummer aufgebraucht ist.

Wieder einmal etwas ausschlafen, da wir ja heute – endlich wieder einmal – nicht weiterziehen. Wir spazieren zu Fuss ins Stadtzentrum, vorbei an Port Vell, echt schade, dass wir hier keinen Platz gekriegt haben, obwohl wir gut liegen im Port Olímpic, und nichts wie los auf die Rambla. Die Tapas, die wir bestellen, sind ausgezeichnet. Erneut machen wir uns auf die Suche nach einem Teekrug, da der letzte schon wieder vom Zeitlichen gesegnet worden ist. Ein echter Verbrauchsartikel auf dem Schiff... Wir streifen durch einen schönen Markt, bei dem ganz klar ist, dass alle Personen, die einen Stand haben, die Sachen, welche sie verkaufen, auch selbst hergestellt haben. Unsere Augen und unsere Herzen erfreuen sich. Auch heute gibt es Tapas. In einem der vielen Schmuckgeschäfte kauft Martin mir einen aparten Holzarmreif. Ich freue mich riesig!

   
Port Olímpic Barcelona   Strassenkünstler Rambles  

   
Früchte ...   ... Krebse   ... und Jamòn


Anderntags erkundigen wir uns auf der Capitanía nach der Telefonnummer einer Freundin meiner Mutter, die in Barcelona wohnt und nach einem Ort, wo wir unsere Impfungen machen lassen können. Das mit der Telefonnummer klappt problemlos, sie geben uns das Telefonbuch von Barcelona. Das mit dem Impfen ist schwieriger. Sie schicken uns in das nahegelegene Spital. Dort werden wir vom Empfang an die Notfallstation verwiesen. Doch der diensttuende Arzt hat die richtige Adresse für uns: das Tropeninstitut. Dort angekommen, verhandeln wir unseren Wunsch auf Spanisch und sie verstehen uns sogar. Wir kriegen die nötigen Impfungen und bezahlen für uns beide Euro 9.–. Wenn wir bedenken, dass die Grundimpfungen für Martin in Zürich CHF 200.– gekostet haben, wundern wir uns schon ein wenig und danken innerlich all den SpanierInnen, die uns mit ihren Steuergeldern unterstützt haben :). Zur Erholung von der Impferei besuchen wir das Picassomuseum. Wir sind überwältigt von der Fülle der Exponate und vom Können und der Breite dieses Künstlers. Wir schauen uns Gemälde, Buchillustrationen und Töpferwaren an. Unbeschreiblich, was der Mann alles geschaffen hat. – Abends zurück auf Suleika hören wir – wie so oft – Musik von unserem I–Pod (vielen Dank, Andrea, wir möchten ihn nicht mehr missen!).

   
Sta Maria del Mar   Innenhof  

Am Samstag ziehen wir los auf den Flohmarkt beim Platz Glóries. Heute, am letzten Tag des Jahres 2005, tummelt sich hier ein herrliches Volk von Händlern und Käufern. Es herrscht ein buntes Treiben. Wir posten eine Stahlbürste, um unsere Anoden mal endlich vernünftig putzen zu können und zwei DVDs, die gemäss des afrikanischen Verkäufers, auch auf Englisch oder Französisch angesehen werden können. Haben wir noch nicht probiert, aber wir hegen da gewisse Zweifel. Ansonsten werden wir es als Spanischübung betrachten. Wir essen in der Stadt Zmittag und spazieren über die Rambla, die nur so von Menschen wimmelt. In einer riesigen Markthalle, gleich neben der Rambla, posten wir Gemüse, Fisch und Jamón für unser Silvesteressen. Zum ersten Mal verbringen wir heute Silvester auf dem Schiff. Um Mitternacht lassen wir im Cockpit den Korken vom Champagner knallen (Ulla und Didier: herzlichen Dank. Der Schämpis war ganz, ganz fein). Am nächsten Steg sind auch ein paar Leute auf einer Jacht, ansonsten sehen wir Menschen im ganzen Hafengelände. Hier in Barcelona läuten um Mitternacht auch die Kirchenglocken. So schön!

   
Flohmarkt, soweit das Auge reicht   Plaça Reial  

Am ersten Januar 2006 können wir nicht allzu lange ausschlafen, da noch ein Münz– und Mineralienmarkt lockt, der von 9h00 bis 13h00 auf der Plaça Real, nähe Rambla, abgehalten wird. Wir stemmen uns also aus den Federn und zockeln los. Doch sind heute leider nur die Münzhändler auf dem Markt. Lustig, einmal einen Markt zu besuchen, der sich an Männer richtet. Wir beide sehen zum ersten Mal, dass man auch die Deckel von Champagnerflaschen sammeln kann. Witzig. Hätten wir den unseren auch noch mitbringen können. In einem sympathischen Lokal, La Concha, essen wir ein traumhaft gutes Menu und der Vino tinto, den sie im Offenausschank haben, schlägt alle unsere Flaschenweine auf dem Schiff an Qualität und Geschmack! Durch Barcelona zu flanieren ist stets anregend. Alte und moderne Architektur sind eine Augenweide und Kunst findet sich an allen Ecken und Enden. Am Nachmittag stehen wir Schlange, um das Hafenbecken mit der Seilbahn zu überschweben. Nach zwei Stunden Wartezeit ist es so weit. Wir schweben in der Luft und geniessen die Aussicht. Das Anstehen hat sich gelohnt! Mit dem Bus kommen wir an der Plaça Espanya vorbei, die in zauberhafte Weihnachtsbeleuchtung getaucht ist. Hundemüde kommen wir daheim an. Es windet ziemlich stark, so dass wir Suleika mit der Mooringleine etwas mehr vom Steg wegziehen müssen, damit die Windfahnensteuerung keinen Schaden nimmt. Mitten in der Nacht stellen wir fest, dass die Heizung nicht mehr funktioniert. Wir haben nicht daran gedacht, das Kabel zu verlängern, als wir Suleika weiter vom Steg weggezogen haben. So heisst es mitten in der Nacht aufstehen, ich steige an Land, um die Steckdose zu holen und Martin setzt das Kabel erneut ein. Mit sicherer Hand erledigt er die Reparatur und wir sind glücklich und zufrieden, als das Öfelchen wieder vor sich hin schnurrt und die Stube heizt. Der Bärchtelistag ist häuslichen Aktivitäten gewidmet.

   
Hafen und Stadt aus der Vogelschau   Wie spät ist es am Hafen