Logbuch
Seite 108
Festland von Panama
<< Seite 107
Seite 109 >>
Freitag, 31. Juli – Sonntag, 23. August 2009


Wir sind in Miramar, Panama, und schreiben die Fotos zum letzten Bericht an. Darüber vergeht der Morgen wie im Flug. Nachmittags halten wir einen Schwatz mit Odette, fahren per Auto ins Internet und schicken den Bericht samt Fotos an Dorothee. Als wir wieder daheim sind, gehe ich gemeinsam mit Marie–Madeleine in Serges riesigen Garten und wir sammeln Mangos ein, die Fülle der reifen Früchte ist paradiesisch. Gemeinsam gehen wir zum Chinesen einkaufen. Wir trinken noch ein Bierchen mit Odette und sind am Abend auf einen Apéro auf Ralas eingeladen. Wir geniessen unsere Getränke mit Rum und die Nachos, welche wir im Philadelphiakäse tunken. Gute Idee!

Am Samstagmorgen schlafen wir aus. Ich backe Brot noch vor dem Frühstück und wir geniessen das Morgenessen bis zur Mittagessenszeit. Nahe dem Dock von Serges Nachbarn hält ein Lastwagen, der von oben bis unten mit Bananen gefüllt ist. Nun fängt die Arbeit an: die Bananen werden in einen Schubkarren verladen, über den Steg gekarrt und mit Schwung in die bereitstehende Lancha geschüttet. Erstaunlich, wie wenig liebevoll dieses Nahrungsmittel gehandhabt wird.

   
Ein Lastwagen voller Bananen   Werden zum Schiff gekarrt   Und ausgekippt


Als Serge fürs Wochenende nach Miramar fährt, trifft er unterwegs einen Freund, der mit seinem Viehanhänger einen Unfall gebaut hat und eine Kuh und ein Kalb notschlachten musste. Geistesgegenwärtig kauft er einen schönen Bitzen vom Kalb und lädt die Familie seiner Frau nach Miramar ein. Mit grosser Begeisterung sind wir alle mit von der Partie: Odette, Marie–Madeleine, Didier, Martin und ich. Serge brät das Fleisch auf einer riesigen heissen Platte gemeinsam mit Bisma. Das Resultat ist hervorragend. Damaris ist da, ihr Vater, ihre Schwester, deren Sohn mit Frau und zwei Töchtern. Der Abend ist bunt und wir üben uns im Spanisch parlieren und verstehen. Ganz gemütlich.

   
Damaris und Serge   Grossmutter Dalila (38) und ihre Enkelin   Hermenia, die ältere Enkelin von Dalila


Wir stehen zeitig auf. Ich mache eine Wäsche und Martin studiert den Katalog der Zona Libra. Es ist einfach unglaublich, was dort alles angeboten wird. Danach büffelt er Spanisch und ich mache Schmuck. Später bereite ich alles zum Löten vor, doch der Wind ist zu stark und ich muss diese Arbeit auf später vertagen. Martin nimmt sich erneut dem WC an. So vergeht der Sonntag im Nu.

Am Montagmorgen schlafen wir aus. Leider hat es nachts nicht geregnet. Wir hätten einen Wassersegen brauchen können. Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg, um Odette und Marie–Madeleine meine neuste Kette zu zeigen. Ich bin etwas zu spät dran, Odette steigt bereits ins Auto, da Bisma sie fürs Mittagessen abholen kommt. So hat nur Marie–Madeleine das Vergnügen, sich die neue Kette anzusehen. Sie ist fasziniert von "Claire de Lune". Sie kommt mit mir auf Suleika, wo sie das Collier anprobiert und sich im Spiegel kritisch betrachtet. Sie zeigt es Didier und auch ihm gefällt es. So postet sie es. Wir beide freuen uns riesig darüber. Martin und ich fahren am Nachmittag ins Internetcafé, vergebens. Heute haben sie keine Verbindung. Ich fahre am späteren Nachmittag mit Marie–Madeleine und Didier nochmals hin. Die einzige Verbindung, die geht, ist mit Didiers eigenem Computer. Als er mit seinen Sachen fertig ist, kann ich kurz meine dringendsten Mails schicken. Ich habe meine liebe Mühe, mit seiner winzigen Tastatur. Auf dem Heimweg fährt Didier noch bis Cuango. Hier endet die geteerte Strasse der Costa Arriba von Panama. Während des Sommers gibt es noch eine Piste bis Playa Chiquita, im Winter verbinden sich das Meerwasser und der Fluss und der Ort ist nur noch per Schiff zugänglich. Abends machen wir einen Apéro dinatoire auf Suleika. Marie–Madeleine und Didier schmecken unsere Käseschnitten vorzüglich. Sie bringen einen kühlen Weisswein mit, was den Genuss eindeutig erhöht ;–).

   
Heim von Odette unten, Bisma und Familie oben   Das Hotel von Serge  

4.30 Uhr Tagwache. Obwohl wir an der Strasse stehen, verpassen wir aufgrund eines Missverständnisses den Sechs–Uhr–Bus nach Portobelo. Also kehren wir auf Suleika zurück und geniessen das Morgenessen. Beim Acht–Uhr–Bus passiert uns nicht nochmals derselbe Fehler. Wir steigen bereits in die verkehrte Richtung ein, fahren bis Cuango, und haben so unsere Lieblingsplätze zuvorderst rechts in Fahrtrichtung bis Portobelo. Wir schauen bei Michel rein. Er ist geistig bereits auf seinem viertägigen Trip, hilft uns aber bei allen Punkten, bei denen wir von ihm Hilfe erhofft hatten. Vielen Dank! Da er auf dem Sprung ist – er verreist heute mit einer Gruppe von vier Franzosen für vier Tage – bleibt uns mehr Zeit als erwartet. Wir nützen sie im Internetcafé und bei einem gemütlichen Mittagessen, bevor wir per Bus wieder heim kehren. Wir fahren auch noch nach Palenque ins Internetcafé, um alles Anstehende erledigen zu können. Abends erfahren wir, dass Serge Gäste hat: drei Franzosen, die anderntags nach Kuna Yala weiterreisen, und einen französischen Velofahrer, Nicolas, auch er plant eine Weiterreise über Kuna Yala nach Kolumbien. Wir essen gut und unterhalten uns vorzüglich.

   
Serge, voll konzentriert    

Am nächsten Tag schaut Nicolas bei uns rein und besichtigt Suleika. Die drei Franzosen sind auf Ralas zum Kaffee. Wir gehen aufs Nachbardock, um die Abreise der Franzosen mit Geraldo Richtung Kuna Yala mitzuerleben. Die Lancha ist ziemlich gefüllt mit Bananen und Nicolas’ Velo wird einfach oben drauf gelegt. Eine eindrückliche Gugelfuhr in guter Stimmung legt ab Richtung Porvenir. Martin hat von Didier ein Stück rostfreien Stahl erhalten, den wir nun im Schraubstock von Serge, im Atelier, in die gewünschte Form biegen. Danach beginnt er, die gewünschten Löcher zu bohren, doch fällt der Strom aus.... Martin füllt das Bestellformular für West Marine aus und wir fahren ins Internetcafe, um die Bestellung aufzugeben.

   
Abreise der Franzosen nach Kuna Yala    

Freitags regnet es ohne Unterlass. Während Martin die Anleitung zum Wassermacher gründlich studiert, fülle ich Petflaschen mit Regenwasser. Bis die Becken sich wieder füllen, widme ich mich der Lektüre. Nachmittags Fahrt zum Internetcafé. Reinfall: es ist geschlossen. Diesmal fährt Martin am späteren Nachmittag mit Marie–Madeleine und Didier nochmals hin, während ich auf dem Schiff bleibe resp. Odette einen ausgiebigen Besuch abstatte. Wir plaudern angeregt miteinander.

   
Unser Büchergecko    

Martin arbeitet erneut am rostfreien Stahlteil für die Antenne des MerVeilles. Odette hat mir eine Kette gegeben, die kaputt gegangen ist. Das Zeug ist so schlecht gemacht, dass es sich nicht flicken lässt. So ziehe ich ihr ein neues Collier auf aus Onix und hänge das schöne Silberkreuz dran. Am Abend essen wir bei Serge Palourdes, eine Muschelart, die er vorzüglich mit einer Sauce gekocht hat, Langusten, Krabben, Reis und Salat. Schon wieder ein Festessen der besonderen Art.

   
Montage der MerVeille Antenne   Palourdes, mmhhh  

Am Sonntag gehen wieder mal sintflutartige Regenfälle übers Land. Das motiviert zu ein paar Handwäschen. Martin hat noch eine Inoxplatte von Didier bekommen, die er nun als Wandständer für das neue VHF–Handgerät zurecht macht. Am frühen Nachmittag kehren Marie–Madeleine und Didier von ihrem Grosseinkauf zurück. Wir helfen ihnen, die Ware über unser Schiff auf Ralas zu bringen. Zu viert geht es viel schneller als zu zweit. Martin bastelt an seinem Ständer und ich plaudere mit Marie–Madeleine.

   
Auf Biegen ohne Brechen    

Wir schlafen ausgiebig aus. Ich schmückle. Wir fahren ins Internetcafé. Wir unterhalten uns mit Odette. Ich backe Brot und Müesli, schneide Martin die Haare. Wir erfahren, dass Ralas beschlossen hat, morgen Richtung Kuna Yala aufzubrechen. So laden wir sie – wie versprochen – am Vorabend ihrer Abreise bei uns zum Abendessen ein. Sie haben uns denselben Gefallen getan, als wir nach Kolumbien aufbrachen und ich muss sagen, es ist sehr angenehm, am Vorabend der Abreise nicht selber kochen und die Küche aufräumen zu müssen. Wir verbringen einen gemütlichen Abend, der bald endet, da sie nicht zu spät ins Bett kommen wollen.

Wir stehen zeitig auf, um bereit zu sein, Ralas beim Ablegen zu helfen. Als sie sich von uns gelöst haben, fahren sie ein paar Meter und legen am Schiff von Javier wieder an. Sie mussten feststellen, dass ihre Ankerwinsch nur noch aufwärts funktioniert. Didier kann dieses Problem auf der Stelle lösen. Beim Rausfahren aus der Bucht hocken sie zweimal auf dem Grund auf und Javier kann sie mit Hilfe seines Dingis beide Mal befreien. Als wir schon tief und fest schlafen, schellt unser Telefon: Serge ist am Apparat und möchte die Telefonnummern von Marie–Madeleine und Didier. Die beiden sitzen mit Ralas auf einem Riff fest in der Nähe von Porvenir. Wir wissen nicht, wie das passieren konnte, aber sie tun uns sehr leid.

   
Ralas, heute ein Wrack    

Anderntags mit dem Sechs–Uhr–Bus nach Colon. Serge pickt uns auf und wir fahren zu Ferremar. Zwar finden wir keine Kühlwasserschläuche, dafür Leinen, Handschuhe und einen kleinen Seitenschneider sowie einen Frischwasserschlauch. Wir fahren zu Damaris und ihrer Mutter ins Spital. Dann besuchen wir ein Grundstück am Gatunsee. Die Aussicht ist einmalig und die alten, grossen Bäume sind traumhaft. Wir kaufen im Super 99 und Rey ein. Auf dem Heimweg essen wir – kurz vor Portobelo – im Restaurant "La Torre" eine schmackhafte, sorgfältig gewürzte Meeresfrüchtesuppe mit Knoblibrot. Wir laden unsere sieben Sachen aus und essen dann bei Serge, gemeinsam mit Odette. Wir verbringen einen äusserst friedlichen Abend zu viert.

   
Serge und Odette    

Am Dienstag stehen wir um viertel vor fünf auf und fahren mit Serge und Odette nach Panama. Wir erfahren von Serge, dass Ralas immer noch auf dem Riff festsitzt. Das sind keine guten Neuigkeiten.... Der erste Halt machen wir in Sabanita, wo Serge einen Kollegen trifft und wir drei einen Kaffee trinken und einen kleinen Happen essen. Weiter geht es nach Panama. Bei Volvo ist der grösste Teil der bestellten Ersatzteile eingetroffen. In weiteren Geschäften finden wir einiges der gesuchten Werkzeuge. Wir sind um alles froh, was wir hier beschaffen können und nicht aus der Schweiz rüber schleiken müssen. Nach dem Mittagessen fahren wir zurück nach Miramar. Wir machen einen Zwischenstopp bei Michel in Portobelo, trinken einen Tee. Auch heute essen wir zu viert bei Serge. Ganz genial.

Wir haben den Wecker auf fünf Uhr dreissig gestellt, da Geraldo sagte, er werde die bestellten zwanzig Gallonen Diesel um sechs Uhr liefern. Zwar fuhrwerkt er am Ufer, doch die Lieferung für uns erfolgt erst um neun Uhr.... Wir machen Fotos von Serges Schiff und drucken sie bei Odette aus. Als ich sie Geraldo bringen will, ist er bereits abgefahren Richtung Kuna Yala. Da es wieder mal regnet, kann ich unsere Wasservorräte auffüllen. Den Nachmittag verbringen wir im Internetcafé und bei Odette. Endlich kann ich wieder mal ein frisches Guacamole machen. Wir brutzeln die gekauften Bratwürste zum Znacht. Megagut.

   
Das Internetcafé in Palenque   Verschiedene Angebote  

Am Samstag versorgen wir die Ersatzteile, gehen ins Internetcafé und bestellen eine neue Rettungsinsel. Nach dem Mittagessen klemmen wir uns hinter die gründliche Reinigung des Wassermachers sowohl mit dem Alkaline als auch mit dem Acid Cleaner. Als alles am Laufen ist, gehe ich Odette besuchen und Martin überwacht das Prozedere.

   
Abendstimmung in Miramar    

Aus Miramar schallt die ganze Nacht Musik rüber bis morgens um fünf Uhr dreissig. Martin hat entsprechend wenig geschlafen, ich habe nichts gehört. Wir machen mit der Reinigung des Wassermachers weiter. Nachmittags ändern wir die Anbindung von Serges Boot mit Hilfe von seinem Dingi, so dass wir in der kommenden Woche problemlos ablegen können und Serges Boot gut angebunden ist. Durch Bisma erfahren wir, dass Didier ein medizinisches Problem hat und er mit Marie–Madeleine demnächst eintreffen wird. Ein Amerikaner bringt sie per Motorboot und sie werden im Auto zum nächsten Spital in Colon gefahren. Der Stress, fünf Tage auf dem Riff zu sitzen, war wohl zuviel. Wir backen eine Zwiebel–Käse–Wähe und essen sie gemeinsam mit Odette bei ihr.

   
Serges Grundstück in Miramar    

Wir schliessen die Reinigung des Wassermachers ab: noch ein Durchlauf mit Säure und eine gute Spülung mit Wasser danach. Wir planen die Decke für unsere Sprayhoodfenster und ich nähe sie. Ich rufe Marie–Madeleine an und erfahre, dass sie Ralas auf dem Riff aufgeben mussten. Grauenhaft. Didier ist in guten Händen und auf dem Weg der Besserung. Wenigstens das. Unser obligate Internetbesuch darf auch heute nicht fehlen. Als wir das Internetcafé und seine extreme Abkühlung mittels Air Condition verlassen und ins Auto einsteigen, läuft meine Brille an.... Wir schwatzen mit Odette und bereiten Suleika auf die Abreise vor.

   
Gecko fängt Mücken    

Heute geht es los. Endlich! Wir entsorgen den Abfall, plaudern ein letztes Mal mit Odette. Martin putzt die Leine, welche uns am Pfosten bei Geraldo drüben gehalten hat und ich mache das Schiffsinnere abfahrbereit. Ganz am Schluss gehen wir uns beide von Odette verabschieden. Wir winken Javier und seiner Freundin zu und legen ab. Wir streifen die Mangrove ziemlich intensiv, dafür sitzen wir nicht auf. Martin macht eine saubere Tellerwende und los geht es. Wir finden den Ausweg, ich vorne am Ausguck und Martin am Steuer, denn auch hier hat es auf beiden Seiten Riffe. Wir motoren bis Isla Linton und ich erlebe ein neues Gefühl: auf dem Schiff sein, die Sonne scheint und ich sitze im Schatten. Wow! Das neue Bimini ist genial. Im Ankerfeld hat es viele Schiffe, aber immer noch genügend Platz für uns. Kaum sind wir sicher, dass der Anker hält, stürze ich mich ins Meer. Dieses Vergnügen mussten wir seit Kuna Yala missen. Das Wasser ist angenehm warm. Beim Apéro lauschen wir dem Konzert der Brüllaffen auf der Insel.

Der Himmel ist grau, doch ziehen wir weiter. Unser Ziel ist es, als Linehandler durch den Panamakanal zu fahren, um Erfahrung zu sammeln, bevor wir in die Schweiz zurück kehren. Wir nehmen ein Morgenbad, essen was und los. Um die Mittagszeit giesst es wie aus Kübeln. Martin zieht die Regenjacke an, bleibt draussen, ich beobachte die Situation drinnen auf dem AIS. Es liegen mehr als ein Dutzend Frachter vor Anker, die auf ihre Kanalpassage warten. Bei strömendem Regen und kurz nach Büroschluss treffen wir in der Shelter Bay Marina ein. Dave, der Dockmaster, hilft uns beim Anlegen. Martin installiert den Wasserschlauch. Mit dem Strom müssen wir warten, bis das Büro anderntags wieder offen ist.

   
Einfahrt zum Panamakanal    

Wir gehen vor dem Morgenessen ins Büro und melden uns an. Die ganze Prozedur braucht ihre Zeit. Wir zahlen für drei Monate. Was mich jetzt am meisten interessiert, ist die Wäscherei. Endlich kann ich mich wieder mal selber und mit Waschmaschinen, die auch über heisses Wasser verfügen, unserer Wäsche annehmen. Martin kümmert sich in der Zeit um den Strom. Die Duschen hier sind noch schöner, als die in der Tortugal Marina, wer hätte das gedacht. Sooooo herrlich. Frisch geduscht in frischer Bettwäsche zu schlafen. Was will der Mensch mehr?

Am Freitag fahren wir mit dem Gratisbus um acht Uhr in der Früh zum Einkaufen. Wir essen dort ein Sandwich, trinken einen schwarzen Kaffee. Martin erzählt allen, die er trifft, dass wir als Linehandler durch den Kanal wollen. Man sieht keine entsprechenden Aktivitäten auf den Schiffen in der Marina. Ein Amerikaner empfiehlt ihm auf dem Heimweg, sich mit Dave von der Marina in Verbindung zu setzen. Kaum aus dem Bus ausgestiegen, spricht Martin bereits mit Dave, eine junge Frau kommt vorbei, Dave hält sie auf: Olga sucht Linehandler. Sie wird mit dem Kapitän des Schiffs sprechen, wir gehen auf Suleika und verpuffen unsere Einkäufe. Als wir gerade das frisch gebackene Poulet aus dem Supermarkt zum Essen attackieren wollen, kommt Olga mit ihrem Kapitän, Chris vorbei. Wir beschnuppern uns gegenseitig und um zwölf Uhr fünfundvierzig ist klar, dass wir in einer Dreiviertelstunde bereit sein müssen und heute noch als Linehandler durch den Kanal fahren werden. Jupiiiii! Nun heisst es sich konzentrieren. Was brauchen wir, was benötigen wir nicht. In Windeseile packen wir unseren Rucksack und treffen mit fünf Minuten Verspätung auf "Sérénité" ein. Eine zwölf Meter lange Ketch. Ein schönes Schiff. Kurz nach uns kommen die beiden bezahlten, sogenannt professionellen Linehandler mit den vier vorgeschriebenen 40 Meter langen Leinen an. Die Pneus, welche Sérénité seitlich schützen sollen, liegen bereits fein säuberlich gestapelt auf ihrem Heck.

   
Olga   Chris  

Wir fahren los und ankern in den Flats, einer betonnten Zone in der Nähe des ehemaligen Yachtclubs. Hier warten wir auf den Piloten. Jedes Segelschiff, das den Panamakanal durchfahren will, muss vier Linehandler an Bord haben und einen Piloten mitnehmen. Als der Pilot eingetroffen ist, nähern wir uns der Einfahrt des Panamakanals, während dem die Nacht übers Land fällt. Wir erfahren, dass wir an ein Vergnügungsschiff mit dem Namen "Pacific Queen" angehängt werden. So haben nur zwei Linehandler Arbeit. Martin übernimmt in der Mitte die Springleine und ich arbeite als Fotografin ;–). Zuerst fährt ein riesiger Frachter in die erste Schleuse. Links hinter ihm legt die Pacific Queen an und danach binden wir uns an ihr fest. Um diese Tageszeit ist das Schiff leer, bis auf die Crew. Die Strömungswirbel in den Schleusen sind eindrücklich. Der Pilot ist sehr pflichtbewusst und erklärt Chris laufend, was gerade geschieht. Als wir die drei Schleusen erklommen haben, lotst uns der Pilot zu zwei riesigen Bojen. Wir machen an einer der beiden Bojen an und der Pilot wird abgeholt. Olga und Chris kochen ein feines Abendessen. Die professionellen Linehandler Javier und Ito gehen bald schlafen. Olga, Chris, Martin und ich unterhalten uns noch eine Weile bei einem Gläschen Wein über Gott und die Welt. Martin und ich schlafen in der hinteren Kabine. Da die Hälfte davon mit Dingi und sonstigem Material belegt ist, liegen wir etwas beengt, schlafen aber einigermassen gut.

   
Einfahrt zu den Gatunlocks   Schraubenturbulenzen   Kommandoturm


Um sechs Uhr ist Tagwache. Kaum ist der neue Pilot an Bord, gibt es Frühstück. Dann brechen wir auf und motoren gute drei Stunden über den Gatunsee. Der See ist riesig, die Landschaft traumhaft und der Himmel zum Glück bedeckt, denn auf Sérénité fehlt jegliches Sonnendach.... Als wir die Culebra, eine künstliche Schlucht, durchfahren haben und bei der Pedro Miguel Schleuse ankommen, machen wir uns an einem Dock fest und warten auf die Erlaubnis, in die Schleuse einzufahren.

   
Gatunsee   Megatunder   Punete del Centenario (von Deutschen erbaut)


Die Pacific Queen fährt zuerst ein, diesmal bis oben auf gefüllt mit Touristen. Wir hängen uns – zum Gaudi der Zuschauer – aussen an und hinter uns fährt ein riesiger Frachter in die Schleuse. Beim Runterweg sind die Wirbel deutlich weniger stark, die entstehen, als wir sinken. Die Sonne knallt heute erbarmungslos vom Himmel und selbst Martin holt sich einen Sonnenbrand. Wir bringen auch die Miraflores–Schleuse erfolgreich hinter uns. In der letzten Schleuse hat es jede Menge Pelikane, weil hier das Salz– und das Süsswasser aufeinandertreffen und es aus diesem Grund viele verschieden Fische hat. Der Führer auf der Pacific Queen nennt diese Schleuse die Sushischleuse für die Vögel.

   
Pedro Miguel Locks   Pelikan im Sushilock  

Es berührt uns zutiefst, als die letzte Schleuse ihre Tore öffnet und wir den Pazifik erblicken. Wir freuen uns auf den Augenblick, wenn wir dieses Spektakel auf Suleika erleben dürfen. Wir fahren aus der dritten Schleuse und kurz darauf wird der Pilot von einem Boot abgeholt. Wir motoren unter der "Puente de las Americas" durch und setzen die beiden professionellen Linehandler samt Leinen und Pneus ans Ufer. Danach motoren wir in die Nähe der Flamingomarina, wo Chris den Anker wirft. Ein heftiges Gewitter bricht los und wir verschieben das Aufpumpen des Dingis. Als sich das Wetter beruhigt, pumpt Chris das Dingi auf, bringt uns ans Ufer, holt Olga ab und zu viert nehmen wir ein Taxi. Sie zum Einkaufen, wir zum Busterminal. Wir fahren mit dem Expressbus nach Colon, nehmen ein Taxi und treffen in dunkler Nacht in der Marina ein. Wir essen einen superguten Hamburger im Restaurant und sinken glücklich und müde in unsere eigene Koje, wo wir Platz zum Verschwenden haben.

   
Puente de las Americas    

Am Sonntagmorgen gehen wir zur Dusche. Bevor ich dusche, lege ich noch dreissig Längen im Marinaswimmingpool zurück. Ich habe den Pool für mich allein, da es in Strömen regnet. Danach eine heisse Dusche mit Haare waschen. Ein ausgiebiges Frühstück und Martin macht sich auf den Weg, unsere WIFI–Verbindung zu erlangen, die eigentlich bereits funktionieren müsste... Als er nach geraumer Zeit zurück kommt, schickt er mich sofort ins Marinagebäude. Nette Menschen haben einen ganzen Tisch mit deutschen Büchern belegt, die man mitnehmen kann. Das muss er mir nicht zweimal sagen. Es muss sich um Schweizer gehandelt haben, da einige Bücher von Orell Füssli in Zürich stammen. Vielen Dank den edlen SpenderInnen!